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Dynamo kehrt nach 33 Jahren ins Olympiastadion zurück
Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin. Etwa 200 Kilometer sind es von Dresden bis in die bundesdeutsche Hauptstadt. Während die Mannschaft bereits einen Tag vor dem Spiel die Strecke in Angriff nimmt, werden tausende Dynamo-Fans spätestens am Mittwochmorgen die A13 in ein schwarz-gelbes Meer verwandeln. Es ist für die Dresdner nur ein Katzensprung im Vergleich zu manch anderer Auswärtsfahrt. So werden trotz der frühen Anstoßzeit mitten in der Woche mindestens 10.000 Anhänger und noch ein paar mehr aus der ganzen Republik anreisen, um 90 Minuten gemeinschaftlich gegen die „Alte Dame“ Hertha zu bestehen. Das Spiel hat für die Legende aus Elbflorenz eine besondere Bedeutung, denn man muss schon tief in die Geschichtsbücher schauen, um etwas über die erste Begegnung zwischen Dynamo und der Hertha nachzulesen. Seit vielen Wochen fiebern die Fans dem Auftritt ihrer Lieblinge in Berlin entgegen.Nur drei Tage nach dem verlorenen Heimspiel gegen Ingolstadt treten die Schwarz-Gelben beim großen Favoriten an. Die Hertha stieg im Sommer aus der Bundesliga ab und hat das große Ziel vor Augen, sofort wieder ins Oberhaus zurück zu kehren. „Die kurze Pause ließ uns nicht viel Zeit für ein ausgiebiges Training“, blickt Ralf Loose zurück, „doch wir haben sie genutzt, um den Kopf freizumachen, ein wenig zu regenerieren und über unsere Fehler zu sprechen.“ Diese hatten auch gegen Ingolstadt wieder zu einem Gegentor geführt. Zehn sind es mittlerweile nach sechs Spieltagen. „Zu viele“, findet Ralf Loose und nennt die Gründe: „Wir haben den Gegner zu selten richtig attackiert und sind im Abwehrverbund oft zu passiv aufgetreten. Diese Dinge lassen sich aber schnell verbessern.“ Der 49-Jährige erwartet in der Hauptstadt für sein Team einen heißen Tanz und übt sich in Bescheidenheit: „Es sollte klar sein, dass wir die Hertha nicht überrennen werden, allerdings dürfen wir uns auch nicht nur hinten reinstellen.“ Der Coach lässt sich von der Vorfreude auf das Spiel nicht anstecken und erklärt realistisch, warum er von der „großen Hertha“ und dem „kleinen Dynamo“ spricht. „Wir müssen noch enorme Anstrengungen leisten, um mit solchen Vereinen irgendwann finanziell wie sportlich mithalten zu können“, schätzt der Fußballfachmann ein.
Sportlich ist die Erwartungshaltung bei den Fans nach der Heimniederlage gegen Ingolstadt gesunken, obwohl der eine oder andere Anhänger an eine Partie mit ähnlichen Vorzeichen zurückdenkt. Vor fast einem Jahr kam Dynamo als unterschätzter Außenseiter nach München und holte sich nach einem sensationellen Spiel drei wichtige Punkte gegen die Sechziger. Ob noch einmal so ein Auftritt gelingt, hängt sicherlich von vielen Faktoren ab. Einer könnte sein, dass bei den Gastgebern mit Maik Franz ein richtiger Heißsporn fehlt. „Er kann leider nicht spielen, was für uns ein Vorteil werden könnte“, mutmaßt der Dynamo-Coach, „weil er einer ist, der durch sein Auftreten schnell dafür sorgen kann, dass der Gegner nur noch zu zehnt auf dem Platz steht.“ Abwehrspieler Florian Jungwirth nennt die Atmosphäre als weiteren Punkt, der motivierend wirkt. „Wir haben uns am Sonntag alle geärgert und sind heiß, diese Niederlage schnell vergessen zu machen. So ein Spiel wie in Berlin erlebt man nicht alle Tage und unsere Fans werden uns hoffentlich mit lautstarker Stimmung von den Rängen aus beflügeln.“
Ralf Loose hat für das zweite Spiel der Woche in der Mannschaft eine Rotation im Kopf und will auf frische Spieler setzen. Wer spielt, fällt wie immer aber erst nach dem abschließenden Training. Personell stehen die gleichen Spieler wie zuletzt zur Verfügung. Lynel Kitambala kehrte auf den Trainingsplatz zurück, sein Einsatz steht jedoch auf der Kippe. „Durch das eingeschränkte Training und fehlende Spielpraxis ist kein Fundament vorhanden, um eine sichere Entscheidung zu treffen, allerdings hat er für das Team eine große Bedeutung“, glaubt Ralf Loose und fügt hinzu: „Es wird noch ein wenig dauern, bis wir unsere späten Neuzugänge in Bestform gebracht haben.“ Als Ausrede für die bisherige Punktausbeute will der Coach das aber nicht verstanden wissen und fordert eine engagierte und konzentrierte Spielweise, um schon jetzt den einen oder anderen Zähler einzusammeln. Wie gefährlich der Gegner ist, unterstreicht der Trainer am Beispiel von Ronny, den er als gefährlichen Distanzschützen beschreibt. In den Reihen der Berliner stehen weitere gestandene und erfahrene Spieler, so dass Ralf Loose nicht zu Unrecht das Prädikat der „Top-Mannschaft“ verteilt. „Wir haben auch eigene Ambitionen und freuen uns auf das Duell“, sagt er. „Es hat für uns schon eine große Bedeutung, dass dieses Spiel überhaupt stattfindet. Es zeigt, dass Dynamo Dresden wieder im Kommen ist.“
Die Schwarz-Gelben treffen allerdings nicht das erste Mal auf die Berliner. Hertha BSC, da war doch was? Richtig, denn im Juni 2002 kickten die Schwarz-Gelben noch in der vierten Liga, qualifizierten sich für die Relegation gegen die Amateure der Berliner und erkämpften sich nach zwei mitreißenden Spielen den Aufstieg in die Regionalliga Nord. Die erste Mannschaft der Herthaner beendete damals die Saison auf Platz 4 der Bundesliga und schnupperte europäische Luft im UEFA-Cup. Wie schnell sich die Zeiten doch ändern.
Dynamos Bilanz gegen die „Alte Dame“ ist positiv: Zwei Spiele, zwei Siege und null Gegentore. Doch die beiden bisherigen Duelle liegen weit in der Vergangenheit. Vor 33 Jahren waren die Dresdner schon mal im Westen von Berlin. Im Mai 1979 gewannen die Sachsen durch ein Tor von Dieter Riedel das Rückspiel beim „Internationalen Fußballvergleich“ vor 9.000 Zuschauern im Olympiastadion mit 1:0. Ein Jahr zuvor bezwangen die Elbestädter im Hinspiel ihre Berliner Gäste im heimischen Dynamo-Stadion mit dem gleichen Ergebnis, als Frank Richter traf.
Das erste Aufeinandertreffen der Neuzeit wird am Mittwoch um 17:30 Uhr angepfiffen. Schiedsrichter der Partie ist Günter Perl aus München. Die Stadiontore öffnen um 15:30 Uhr. Bereits ab 12 Uhr öffnen am Südtor die Gästekassen. Die Hertha erwartet insgesamt 45.000 Zuschauer.
Frühes Gegentor lässt Dynamo vor der Hertha erstarren
"Dabei sein ist alles", lautet das Motto der olympischen Spiele und es galt wohl an diesem Mittwochabend auch für die SG Dynamo Dresden und ihre über 13.000 mitgereisten Fans. Nur die kühnsten Optimisten liebäugelten im Vorfeld mit einem Punktgewinn gegen die "Alte Dame" aus Berlin. Fünf Minuten waren im Olympiastadion gespielt, als Romain Brégerie mit einem Tor für den einzigen Treffer am Abend sorgte. Leider ging sein Kopfball jedoch ins falsche Tor. Der Franzose hatte seinen Haarschopf in einen Freistoß von Ronny gehalten und dem Ball die entscheidende Richtung verpasst. Diesem frühen Rückstand rannten die Dresdner nach einer ängstlichen ersten Halbzeit trotz Leistungssteigerung im zweiten Durchgang bis zum Ende nach, so dass nach 90 Minuten ein 0:1 aus Dresdner Sicht auf der Anzeigetafel leuchtete.Dynamo-Trainer Ralf Loose nahm in seiner Startelf gleich drei Veränderungen vor. Überraschend stand Florian Fromlowitz im Kasten. Damit belohnte der Coach nach eigener Aussage nach dem Spiel seine Trainingsleistungen und das tadelloses Verhalten als Nummer 2. Benjamin Kirsten darf im nächsten Heimspiel gegen Aue wieder ins Tor. Ebenso musste Sebastian Schuppan auf der linken Abwehrseite für Muhamed Subasic weichen. Im defensiven Mittelfeld bekam Giannis Papadopoulos eine Bewährungschance, darür nahm zunächst Filip Trojan mit auf der Wechselbank Platz.
Imposant zeigte sich die schwarz-gelbe Fankurve links des großen prächtigen Marathon-Tores. Kurz vor dem Anpfiff entrollten die Dynamo-Fans voller Stolz ihre große Blockfahne, die sonst zu besonderen Anlässen im K-Block des heimischen Stadions präsentiert wird. Als die kreative Präsentation zwei Minuten nach Spielbeginn beendet wurde und alle Schlachtenbummer wieder freien Blick auf das Spielfeld hatten, sahen sie gleich die erste gefährliche Hertha-Aktion. Nach einem Eckball kam der Ball fünf Meter vor dem Tor auf den Fuß von Peter Niemeyer. Der Berliner Kapitän war wohl selbst überrascht, so frei zu sein, dass er das Spielgerät aus Nahdistanz nur an den Querbalken des Tores hämmerte. In den Anfangsminuten zeigten die Hausherren mit ihrer schnellen und direkten Spielweise ihren sächsischen Gästen die Grenzen auf. Einen erneuten Vorstoß konnte Idir Ouali nur durch ein Foulspiel bremsen. Der daraus entstandende Freistoß war eine Angelegenheit für Ronny, der in den Saisonspielen zuvor bereits viermal ins gegnerische Tor traf. Mit viel Schnitt brachte der Brasilianer den Ball in den Strafraum und Romain Brégerie in Verlegenheit. Der Franzose verursachte ungewollt ein Eigentor, so dass Florian Fromlowitz bei seinem Dynamo-Debüt nach nur fünf Minuten zum ersten Mal hinter sich greifen musste.
Der Rückstand sorgte bei den Schwarz-Gelben sichtbar für Verunsicherung. Auch die Fans im Dynamo-Block brauchten einige Momente, um diesen bescheidenen Auftakt zu verdauen. Sollten gegen den Aufstiegsfavoriten schnell alle Messen gelesen sein? Den Schützlingen von Ralf Loose gelang es in dieser Phase nicht, den Ball nach vorn zu tragen. Stattdessen sah sich die Mannschaft mit angreifenden Herthanern konfrontiert, die glücklicherweise mit der eigenen Führung im Rücken zu nachlässig mit ihren Chancen umgingen. Cheikh Gueye vereitelte eine dieser Gelegenheiten. Marcel Ndjeng war mit dem Ball über die rechte Seite in den Strafraum gedribbelt und scharf nach innen geflankt. Im letzten Moment kreuzte der Dynamo-Verteidiger die Flugbahn des Balles und klärte vor der Linie. Während die Hausherren zu diesem Zeitpunkt schon einige Male auf das Dresdner Tor geschossen hatten, suchte man bei Dynamo vergeblich nach Angriffsbemühen. Insgesamt präsentierten sich die Schwarz-Gelben vor allem in den ersten 45 Minuten zu harmlos und verängstigt. Der frühe Rückschlag und der Respekt vor dem Aufstiegskandidaten schien die Elf in dieser besonderen Atmosphäre vor 45.000 Zuschauern zu lähmen.
Zwar probierte Romain Brégerie immer mal wieder, mit langen Bällen Dynamos einzige Spitze, Mickael Poté, in Szene zu setzen, aber klappte es dann doch mal mit einer Kopfballablage auf die eigenen Mitspieler, stoppte der Referee ein solches Unterfangen. Viel zu oft hatten die Dresdner mit den beweglichen Offensivspielern der Hertha zu tun. Vor allem Änis Ben-Hatira, Marcel Ndjeng und Ronny sorgten für viel Unruhe im Dynamo-Strafraum und konnten oft nur durch Foulspiel im Zaum gehalten werden. Einer dieser Standards sorgte nach einer knappen halben Stunde für einen großen Moment von Florian Fromlowitz. Der Keeper entschärfte erst mit einem tollen Reflex einen Kopfball aus Nahdistanz von Sandro Wagner und hatte auch beim Nachschuss von Änis Ben-Hatira noch die Fingerspitzen dran. Als nach 30 Minuten auf der Anzeigetafel eine erste Spielstatistik veröffentlicht wurde und beim Torschuss-Verhältnis ein 8:0 für Hertha zu lesen war, brauchte es in diesem Moment keiner weiteren Erklärung für dieses Spiel. Scheinbar hatten aber auch die Dynamo-Spieler diese Zahlen mitbekommen und so suchten sie im weiteren Verlauf der Partie dann doch mal den Weg nach vorn. Vielleicht sorgte aber auch Trainer Ralf Loose mit seinen lautstarken Anweisungen und wilden Gesten am Spielfeldrand dafür, dass seine Kicker die Scheu vor dem gegnerischen Strafraum ablegten.
Auf den Rängen lieferten sich beide Fankurven ein tolles Gesangsduell auf Augenhöhe, doch auf dem Rasen waren die Anteile klar verteilt. Zu passiv agierten die Dresdner, obwohl die Gastgeber längst nicht mehr so dominant auftraten. So ging es mit einem knappen Ergebnis in die Halbzeitpause, in der sich Cristian Fiel für den zweiten Durchgang sein Trikot überstreifte. Mit Wiederanpfiff ließen die Schwarz-Gelben dann auch erkennen, dass sie dieses Spiel längst nicht aufgegeben haben. Obwohl die konsequente Durchschlagskraft ganz vorn fehlte, erfolgte der Spielaufbau wesentlich geordneter als vorher. Gefahr strahlte das Team von Ralf Loose allerdings immer noch nicht aus. Die Gastgeber beschränkten sich zudem auf das Konterspiel, nutzten aber ihre Möglichkeiten ebenso wenig. So blieb im schwarz-gelben Lager die Hoffnung am Leben und mit jedem Vorstoß der Dresdner in die Berliner Hälfte wurden auch die mitgereisten Fans lautstärker. So kam Dynamo nach mehr als einer Stunde Spielzeit auch zur ersten nennenswerten Gelegenheit, als Vujadin Savic einen Freistoß von Cristian Fiel am Strafraumeck per Kopf über das Tor bugsierte. Kurz darauf wechselte Ralf Loose mit Lynel Kitambala einen zweiten Stürmer ein, doch zunächst hätten die Berliner ihre Führung ausgebaut, doch Florian Fromlowitz konnte mit dem Fuß ein weiteres Gegentor verhindern. Die Dynamo-Fans zogen in ihrer Kurve jedoch mit einem Dauergesang nochmal an und richteten damit ein klares Signal an die Spieler auf dem Platz. Glück hatten die Dresdner noch einmal, als Peer Kluge nach dem dritten Zuspiel vor dem Strafraum entgegen der Laufrichtung von Florian Fromlowitz auf das Gehäuse zielte. Fast hätte der Herthaner den Keeper verladen, doch sein Schuss ging knapp am Pfosten vorbei.
Fünf Minuten vor dem Ende brachte Ralf Loose mit Filip Trojan noch einen weiteren Offensivmann, doch gegen die dicht stehende Hertha-Abwehr war kaum noch ein Durchkommen. In der 90. Minute lag der Ausgleich trotzdem in der Luft. Mickael Poté verlängerte einen langen Ball aus der eigenen Hälfte mit dem Kopf auf Lynel Kitambala, doch der wiedergenesene Stürmer ließ sich zu sehr vom einzigen noch verbliebenen Gegenspieler so sehr stören, dass er die Kontrolle über den Ball verlor und es nur Abstoß gab. Als der Ball von Michael Kraft in hohem Bogen zurück ins Spiel gebracht wurde, hatte Schiedsrichter Günter Perl die Pfeife schon im Mund, um die Partie mit drei Minuten Nachspielzeit abzupfeifen.
Nach der zweiten Niederlage innerhalb von vier Tagen wartet nun zum Ende der englischen Woche mit Erzgebirge Aue ein direkter Konkurrent aus dem Tabellenkeller auf die SG Dynamo Dresden. Bis zum Spiel am Sonntag gilt es, schnellstmöglich die Enttäuschung bei Spielern und Fans aus den Köpfen zu holen und die Fehler selbstkritisch zu analysieren, um einen erfolgreichen Aufritt im Sachsenduell anzupeilen.