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Sie stürmten ohne anzuklopfen ins Büro...
Am Montag hat Dynamo Dresden mit HNK Hajduk Split zum zweiten Mal binnen dreier Tage einen kroatischen Verein vor der Brust. Nachdem sich die Mannschaft von Cheftrainer Peter Pacult am Freitag gegen den Serienmeister aus der kroatischen Hauptstadt, Dinamo Zagreb, mit 0:2 geschlagen geben musste, wartet mit Split der zweite große Traditionsverein aus dem Land am Adriatischen Meer.Hajduk, das im Februar seinen 102. Geburtstag begehen wird und damit zwei Monate älter ist als Dinamo Zagreb, feierte seine erste Meisterschaft 1927 im königlichen, sogenannten „ersten Jugoslawien“. Bis heute kamen 37 nationale Titel hinzu: 17 weitere Meisterschaften, 14 Pokalsiege und sechs Triumphe im kroatischen Supercup. Einzig auf internationaler Ebene blieben den Blau-Weißen die großen Erfolge bisher versagt. Zwei Halbfinalteilnahmen in den europäischen Wettbewerben in den 1970er und -80er-Jahren stellen die besten Platzierungen dar. Gegenwärtig steht Split auf Platz zwei (33 Punkte nach 19 Spielen) in der höchsten Spielklasse Kroatiens, der1. HNL („Hrvatska Nogomentna Liga“) und belegt damit den ersten der beiden Qualifikationsplätze für die Europa League. Allerdings sitzen der Mannschaft von Trainer Miso Krsticevic drei Spieltage vor Saisonschluss noch vier Vereine im Nacken, die mit einem Sieg vorbei- oder nach Punkten gleichziehen könnten. Split darf sich deshalb im Schlussspurt keine echte Blöße mehr geben, will man sich die Chance auf die Geldtöpfe der UEFA wahren.
Der Verein, der in seiner Geschichte stets erstklassig gespielt hat, behielt in insgesamt fünf politischen Systemen immer seinen Namen. Die Namensfindung hat anekdotischen Charakter: „Hajduk“ steht für „Räuber“ oder „Gesetzlose“, als „Heiducken“ bezeichnete man im Osmanischen Reich und insbesondere auf dem Balkan eben solche und auch Wegelagerer und Plünderer. Freilich haben die Mannen aus Split diese Bezeichnung nicht auf dem herkömmlichen Weg erworben. Vielmehr ist der Name auf einen scherzhaften Ausspruch eines Gelehrten zurückzuführen, in dessen Büro 1911 jene vier Studenten gestürmt kamen, die den Verein dazumal gegründet haben. Ihnen fiel kein Name ein und sie suchten Rat bei ihrem Professor. Der meinte süffisant, sie sollten sich doch „Hajduk“ nennen, so wie sie – ohne anzuklopfen – in sein Büro gestürmt waren.
Traditionsreich ist auch die Fanvereinigung von HNK, die „Torcida“. Sie wurde 1950 gegründet und gilt als älteste organisierte Fanvereinigung Europas. Aktuell hat sie etwa 8.000 Mitglieder und ist legendär für ihre Choreografien.
Zwei Spieler haben bisher in beiden Vereinen gespielt. Neben Klemen Lavric, der von Hajduk über NK Inter Zapresic nach Dresden kam, war auch dessen unglücklicher Nachfolger Tomislav Stanic, der aus der Jugend von Split stammt, 2005 ein halbes Jahr für Schwarz-Gelb aktiv.
Drei Torhüter und ein verhexter Elfmeterpunkt
Nach Dinamo Zagreb am Freitag traf Dynamo Dresden im letzten der insgesamt fünf Testspiele im türkischen Trainingslager nun auf den zweiten Spitzenclub aus Kroatien. Gegen HNK Hajduk Split, den derzeitigen Tabellenzweiten der kroatischen Liga, mussten sich die Elbestädter mit 0:1 geschlagen geben.Erneut war der etwa 25 Kilometer vom Teamhotel entfernte Badeort Belek als Austragungsort für den Vergleich ausgewählt wurden. Bei guten äußeren Bedingungen ließ Dynamo-Trainer Peter Pacult fast alle seine Schützlinge mit in den Bus steigen. Zurück blieben nur Romain Brégerie (Adduktorenprobleme), Pavel Fort (Knöchelprellung) und Lynel Kitambala (Aufbautraining). Mit einem Fingerzeig auf eine mögliche Stammformation für das erste Punktspiel nach der Sommerpause gegen den MSV Duisburg war seine Startelf jedoch nicht versehen, denn im Tor begann mit Markus Scholz zunächst der dritte Torwart im Kader der Dresdner. Bereits vor dem Anpfiff war allerdings klar, dass jeder der drei Keeper auf einen 30-minütigen Einsatz im Spiel gegen Hajduk Split hoffen konnte.
Im Sturm setzte Pacult mit Mickael Poté erst einmal auf eine Solo-Spitze, beorderte aber mit Filip Trojan als „falschem Neuner“ eine weitere offensiv ausgerichtete Planstelle nach vorn. David Solga führte die Mannschaft als Kapitän auf den gut bespielbaren Rasen.
Mit sieben Meisterschaften und fünf Pokalsiegen gehört Split zu den erfolgreichsten Vereinen in Kroatien. Diese Klasse stellte der Gegner in den Anfangsminuten sofort unter Beweis, in denen die Schwarz-Gelben vorwiegend mit eigener Abwehrarbeit beschäftigt wurden. Zwar hatten die Kroaten wie Dynamo mit dem Mazedonier Ivan Vukovic auch nur einen nominellen Stürmer aufgeboten, allerdings setzte dieser die Abwehrreihe mit Subasic, Thoelke, Savic und Gueye immer durch brandgefährliche Einzelaktionen mächtig unter Druck. Nach einer Viertelstunde lief Vukovic im Rücken von Thoelke in den Strafraum und konnte vom Innenverteidiger nur durch ein gestrecktes Bein gestoppt werden. Dynamo hatte Glück, dass die Pfeife des Referees in diesem Moment stumm blieb. Wenige Minuten später zeigte der türkische Schiedsrichter doch auf den Punkt. Wieder war es Thoelke, der einen schnellen Hajduk-Angriff nur durch einen Schubser mit dem Arm unterbinden konnte. Markus Scholz, der im Testspiel gegen Darmstadt bereits einen Strafstoß parierte, konnte sich nun erneut als Elfmeterkiller beweisen. Zu halten hatte er diesmal jedoch nichts, denn Vukovic bewies keine Nervenstärke und ballerte das Leder am Tor-Eck vorbei.
Der missglückte Elfmeter war für die Schwarz-Gelben dann wie ein Weckruf. Mit fortschreitender Spieldauer kam Dynamo besser in die Partie und erarbeitete sich nach und nach auch Chancen. Das Tor fiel jedoch auf der anderen Seite. In einer kurzen Drangphase glückte den Kroaten der Führungstreffer. Nachdem der in der 30. Spielminute eingewechselte Florian Fromlowitz einen straffen Schuss noch abwehren konnte, zog er gegen den nachsetzenden Vukovic den Kürzeren. Mit diesem Rückstand ging es für Dynamo in die Halbzeitpause, die Peter Pacult für ein längeres Gespräch mit seiner Mannschaft nutzte.
Drei Spielerwechsel sorgten bei den Schwarz-Gelben für neue Offensivkraft, auch weil mit Müller nun ein zweiter Stürmer neben den vorher kaum sichtbaren Poté ins Aufgebot rückte. Die taktische Umstellung brachte Dynamo einen spürbaren Vorteil und die Chancen auf den Ausgleich ergaben sich nun fast im Minutentakt. Angetrieben von einem nicht müde werdenden Losilla, der gemeinsam mit Solga das Spiel nach vorn dirigierte, kamen die Dresdner zu mehreren guten Einschussmöglichkeiten. Das Prädikat „Bester Mann im zweiten Abschnitt“ verdiente sich Idir Ouali, der plötzlich aufdrehte und gleich mehrfach seine Klasse bewies. Einzig ein erfolgreicher Torabschluss blieb dem quirligen Franzosen trotz toll herausgespielter Gelegenheiten vergönnt. Von Split war nach der Pause wenig zu sehen. Nach einer guten Stunde erfolgte der abgesprochene zweite Wechsel auf der Torhüter-Position, für Fromlowitz stellte sich nun Kirsten in den Kasten. Ins Spiel kam auch Cristian Fiel, der zehn Minuten vor dem Ende die wohl größte Chance auf den Ausgleich hatte. Nach einem rüden Foul an Poté, der sich über das ansteigende harte Zweikampfverhalten der Kroaten mit Recht beschwerte, durfte der Routinier vom Elfmeterpunkt antreten. Doch der Elfmeterpunkt, von dem schon Vukovic in Hälfte eins verschossen hatte, war heute anscheinend verhext: Fielos Schuss ging rechts am Tor vorbei. Die Schwarz-Gelben mobilisierten nun noch einmal alles, um sich mit einem längst verdienten Treffer für ihre gute Leistung im zweiten Durchgang zu belohnen, doch diese Freude sollte ihnen verwehrt bleiben. Kurz vor dem Abpfiff musste Kirsten nach einem Konter nochmals zwei brenzlige Situationen mit Glanztaten bereinigen.
So blieb es am Ende beim 0:1 aus Dresdner Sicht. Die etwa 75 anwesenden Dynamo-Fans dürften sich trotz der Niederlage mit der Leistung der Mannschaft zufrieden gezeigt haben. Vor allem in der zweiten Halbzeit bliesen Pacults Männer mit viel Laufbereitschaft und Einsatz zur Sturmoffensive. Nur das Tor blieb wie versiegelt.