Bei Dynamo rufen ihn alle nur „Scholle“: Dynamos Co-Trainer Heiko Scholz ist einer, der mit Zuckerbrot und Peitsche umzugehen weiß. Einer, der immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat, zugleich aber ganz genau weiß, wann es ernst wird und die Arbeit ruft. Einst selbst für Dynamo als Profi aktiv, durchlief Scholz in seiner Jugend als Nachwuchs-Spieler der SGD die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) in Dresden.Die berühmt und für ihren Drill berüchtigten Einrichtungen waren in der DDR Spezialschulen für sportlich talentierte Kinder und Jugendliche, aus denen der Großteil der Leistungssportler des Landes hervorging. Vier Jahre lang bestimmte die KJS auch das Leben des jungen „Scholle“, der vor kurzem einen Wochenplan aus dieser Zeit wiederfand. Gemeinsam mit ihm haben wir uns auf die Reise in die Vergangenheit gemacht.
Den Wochenplan, den Scholz in dem Buch „Stübner – Popstar wider Willen“ von Journalist Uwe Karte aufstöberte, hat der 55-Jährige übrigens kurzerhand im gemeinsamen Büro mit Cheftrainer Markus Kauczinski und dem zweiten Co-Trainer Ferydoon Zandi aufgehängt.
„Als ich den Plan entdeckt habe, habe ich mich so totgelacht, dass ich das gute Stück einfach kopieren, ausdrucken und den beiden zeigen musste. Die sind für solche Geschichten auch immer offen“, sagt Scholz.
Besagte Auflistung „müsste aus den Jahren zwischen 1978 und 1982 stammen“, rekonstruiert „Scholle“ – es ist der Wochenplan eines Dynamo-Nachwuchsspielers in der KJS.
Beim Blick auf das dort abgebildete Pensum entfährt es dem gebürtigen Görlitzer: „Wir haben als Kinder und Jugendlich viel mehr trainiert als ich es später zu Zeiten als Spieler jemals wieder erlebt habe.“
Schaut man sich den Montag, der zumeist als Hauptbelastungstag deklariert wurde, an, wird das besonders deutlich: „Wir sind um 6.30 Uhr aufgestanden und um 7 Uhr mit drei Stunden Training gestartet, anschließend teilweise in die Sauna und dann zum Essen gegangen. Da warst du schon richtig schrankfertig, ehe es danach ja noch von 12.50 Uhr bis 18.20 Uhr in die Schule ging. Ein Wahnsinns-Pensum“, so Scholz.
{media-left}Neben den Sporteinheiten und den üblichen Schulfächern wie Deutsch, Mathematik, Physik, Russisch oder Geografie stand auch „Staatsbürgerkunde“ und die „Einführung in sozialistische Produktion“ auf dem Stundenplan. Am Samstag warteten Test- und Pflichtspiele, lediglich am Sonntag war frei, um etwa in die Heimat zu fahren.
Und so spielte sich das Leben der DDR-Sporttalente in Dresden im Dreieck zwischen Sportschule am Dynamo-Stadion, den Hochhäusern direkt nebenan, wo die Sportler untergebracht waren und den Hartplätzen an der Lennéstraße ab.
„Auf der einen Seite waren das natürlich sensationelle Bedingungen mit kurzen Wegen, auf der anderen war die Belastung sehr hoch, sowohl physisch als auch psychisch. Vor allem körperlich mussten dem viele Tribut zollen“, erinnert sich der 55-Jährige.
Im Gespräch mit Scholz vergisst dieser aber auch die positiven Aspekte nicht. Denn bei allen Plagen habe sich das vollgepackte Programm auch ein Stück weit ausgezahlt: „Es haben jedes Jahr zwei, drei Jungs den Sprung in Dynamos 1. Mannschaft geschafft, die ja nicht ohne Grund im Europapokal gespielt hat.“
Und dann kommt „Scholle“ aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: „Egal ob Kreische, Dörner, Trautmann, Pilz, Gütschow, Kirsten, Stübner, Sammer, Hauptmann, Maucksch, Kmetsch, Jähnig, Jeremies oder Zickler – das waren Ausnahmespieler.“
Noch heute ist Heiko Scholz beim Blick auf den alten Trainingsplan immer wieder beeindruckt davon, „was ein menschlicher Körper so alles aushält. 18 Trainingseinheiten á 45 Minuten pro Woche auf dem Hartplatz plus Schule und Spiele am Wochenende. Als Kind. Egal ob im Sommer oder im Winter. Das war irre.“
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