Europapokal

Wir haben einen Traum. Eines Tages wird die Sportgemeinschaft wieder durch Europa reisen und anknüpfen an die goldene Ära unserer Geschichte sowie 98 Auftritte auf internationalem Parkett. Bis es so weit ist, halten wir unsere Historie in Ehren und nehmen uns die Helden früherer Tage zum Vorbild. Wir haben Europapokal-Nächte in Liverpool und Turin erlebt, gegen die Glasgow Rangers um jeden Zentimeter Rasen gekämpft und der AS Rom nicht den Hauch einer Chance gelassen. Jene Spiele prägten den Mythos Dynamo, der unseren Verein bis heute hell erstrahlen lässt. In der Rubrik „Europapokal“ auf unserer Website findet Ihr alle 98 Spielberichte aus Europa, wie sie unmittelbar nach den Partien in der Sächsischen Zeitung erschienen sind, zum Nachlesen. Wir haben ebenfalls zahlreiche Bilder. teilweise aus den Archiven unserer einstigen Gegner, und historische Interviews zusammengetragen. Schwelgt in Erinnerungen, lernt die große Geschichte unserer Sportgemeinschaft noch besser kennen und vergesst niemals, wofür wir jede Woche stolz ins Stadion gehen: Wir haben einen Traum. 

1967/1968: Messepokal

1. Runde: Dynamo Dresden – Glasgow Rangers 1:1 (0:0)

Remis nach großer Partie
 

Den Rangers Paroli geboten – Ferguson und Riedel schossen die Tore
 

Dynamo Dresden (rot-weiß): Kallenbach – Haustein, Sammer, May, Wätzlich, Hemp, Hofmann, Riedel, Ziegler, Kreische, Gumz  Trainer: Fuchs.
Glasgow Rangers (weiß-blau): Sörensen – Johannsen, Greig, Jardine, McKinnon, D. Smith, Henderson, Penman, Ferguson, Persson, Johnston  Trainer: Seith.

Schiedsrichterkollektiv: Panak – Taslidzic, Mladenovic (alle Jugoslawien) 
Zuschauer: 38.000 
Torfolge: 0:1 Ferguson (49.), 1:1 Riedel (66.)

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Von Herbert Heidrich

Riesenbeifall der 38 000 verabschiedete am gestrigen späten Nachmittag im Heinz-Steyer-Stadion beide Mannschaften, die ihr erstes Messecupspiel absolvierten. Es galt bei aller Wertschätzung des großen Namens und auch der Leistungen von Glasgow jedoch in erster Linie und verdientermaßen den Dynamos. Die Schützlinge von Cheftrainer Manfred Fuchs hatten dem prominenten Gegner den von vielen erhofften großen Kampf geliefert und ein Remis erzielt, das angesichts der Klasse des Partners für Dynamo zweifelsohne als Erfolg zu werten ist.

Die schottischen Profis waren damit gut bedient. In dieser Feststellung liegt keinesfalls Überheblichkeit, sie wird durch Fakten und Tatsachen bewiesen. So durch, dass ein Eckenverhältnis von 8:0 für den Gastgeber registriert wurde; so vor allem wegen der Anzahl von Torchancen, die wir im Notizblock auf der Habenseite von Dynamo festhielten: In der 12. Minute, als Hofmanns Flachschuss beim überragenden Sörensen „Endstation“ hatte; in der 16. Minute, als wiederum Hofmann eine flache Eingabe volley aufnahm und Glasgows Schlussmann nur noch zur Ecke fausten konnte; in der 36. Minute, als Sammer einen 40-m-Schuss riskierte; in der 46. Minute als Gumz nach feiner Einzelleistung knapp verzog; in der 62. Minute als Ziegler einmal mehr zwei Gegner und dann auch noch Sörensen “aussteigen“ ließ, aber zu spät ablegte; und schließlich auch in der 64. Minute, als Kreisches Scharfschuss die Querlatte „rasierte“.

Doch nicht nur dieser Chancen wegen quittieren wir Dynamo ein großes Lob. Vielmehr aus dem Grund, weil die Platzherren gestern eines ihrer bisher besten Spiele lieferten, weil sie nicht nur kämpferisch mithielten, sondern auch spielerisch zu überzeugen vermochten. Bestnoten – sofern wir uns das Recht nehmen, solche zu verteilen – verdienten sich Ziegler, der technische Bravourstückchen „per excellence“ bot und kaum vom Ball zu trennen war. Hofmann ob seiner klugen Abwehr- und Aufbaupartie sowie Sammer, der ebenfalls ein enormes Laufpensum absolvierte und als „Turm“ der Abwehr keinen Kompromiss einging. Auch Haustein und Wätzlich machten ihren Gegenspielern das Leben nicht leicht. Im Angriff erwiesen sich noch Gumz als sehr fleißig und drangvoll, während Riedel an diesem Tag nicht die beste Form hatte. Bis zu seinem Ausgleichstreffer, bei dem er eine Kopfballvorlage Sammers entschlossen ins obere Dreiangel wuchtete.

Die Rangers hatten sich diese Partie vielleicht doch nicht so schwer vorgestellt. Sehr verhalten beginnend, erwiesen sie sich als technisch perfekte, enorm schnelle Fußballer, deren direkte Passfolgen optisch schön anzusehen waren und natürlich immer Gefahr ausstrahlten. Zum direkten Torschuss jedoch kamen sie relativ selten, da es die „Gegenüber“ nicht an der nötigen Konsequenz fehlen ließen. Und obwohl ihre Deckung – die sich oft als massiertes Bollwerk von acht und neun Spielern zeigte – clever zu Werke ging, hatten die Gäste allen Grund, sich bei Torwart Sörensen dafür zu bedanken, dass es beim 1:1 blieb. Für ihren Führungstreffer, hatte Ferguson gesorgt, der, völlig ungedeckt stehend, Jardines Eingabe kaltblütig nutzte.                                                                   

Die Stimmen zum Spiel


Dynamo-Cheftrainer Manfred Fuchs: „Meiner Mannschaft ein Pauschallob, sie hat gezeigt, dass sie zum richtigen Zeitpunkt topfit war. Wir haben darüber hinaus unseren berühmten Gegner nicht nur zum Kampf, sondern auch zum Spiel gestellt. Die Rangers sind mit diesem Remis zweifellos gut bedient, ein knapper Sieg wäre für Dynamo verdien gewesen. Dass es nicht dazu gekommen ist, kommt auf das Konto des ausgezeichneten Glasgow-Torhüters, der drei bis vier „Totsichere“ durch seine Glanzparaden verhinderte. Es war meiner Meinung nach das stärkste internationale Spiel, das wir je in Dresden geboten haben, wenn es um etwas ging. Ziegler war für mich der beste Spieler auf dem Feld. Unsere jungen Nachwuchsspieler können natürlich in so einer Bewährungsprobe nicht fehlerlos über 90 Minuten kommen.“

Chefmanager Scott Simon: „Mein Torwart hat uns dieses Unentschieden gerettet. Er hat es allerdings nicht tun können, wenn der Dynamo-Sturm nicht so gut gewesen wäre. Sörensens Leistung hat unserer Mannschaft den Rücken gestärkt, so dass sie auch über die kritischen Minuten gekommen ist. Unzufrieden bin ich vor allem mit meinen Verteidigern und damit, dass zu viele unter Normalform spielten. Dabei hat bestimmt keiner der Rangers Dynamo unterschätzt. Wir haben so gespielt, wie wir konnten, oder besser gesagt, wie es Dynamo zugelassen hat. Am besten gefiel mir auf Dresdner Seite Hofmann als Chef im Mittelfeld und natürlich Ziegler. Wenn ich Vergleiche ziehe zu unserem ersten Zusammentreffen mit dem DDR-Fußball vor Jahren gegen den ASK Vorwärts, so muss ich feststellen, dass Dynamo heute stärker spielte.“

1. Runde: Glasgow Rangers - Dynamo Dresden 2:1 (1:0)

In letzter Sekunde noch verloren


Große Abwehrpartie der Dynamos – Kreische schaffte Ausgleich, doch Greig schoss noch das 2:1


Glasgow Rangers: Sörensen – Johanson, Mathieson, Greig, McKinnon, D. Smith, Henderson, Penman, Ferguson, Persson, Johnston.
Dynamo Dresden: Kallenbach – Haustein, Sammer, Pfeifer, Wätzlich, Hemp, Hofmann, Walter (ab 73. Engels), Ziegler, Kreische, Gumz.
Schiedsrichter: Garcia (Portugal), Zuschauer: 60.000, Torfolge: 1:0 Penman (14.), 1:1 Kreische (89.), 2:1 Greig (90.).

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Unser Sportredakteur Günter Hamann berichtet aus Glasgow

Wer die Rangers gestern im Ibrox-Park zu Glasgow spielen sah, wird verstehen, dass hier schon große Mannschaften des Weltfußballs buchstäblich unter die Räder kamen. Man darf mit Fug und Recht behaupten: noch keine DDR-Klubmannschaft ist durch solch ein „Fegefeuer“ gegangen. Nichts, aber auch gar nichts erinnerte an die Gegner von Dresden. Damals verhalten, oft unsicher spielende Rangers – diesmal vor Eifer sprühende, unwahrscheinlich schnell über die gesamten 90 Minuten operierende schottische Profis. Der Ball lief oft minutenlang wie an einer Schnur gezogen durch die blauweiß-roten Reihen. Dabei bewiesen die Rangers bei ihren torschussscharfen Abgaben eine meisterliche Ballbehandlung, allerdings auch bei Zweikämpfenneben allen erlabten Härten die Beherrschung nicht ganz sauberer Tricks.

Cheftrainer Fuchs Warnung vor dem Spiel konnte nicht im entferntesten schildern, was sich dann auf dem grünen Rasen abspielte. Seine Worte: „Wir haben nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen, auch durch ein achtbares Ergebnis einen guten Ruf im europäischen Fußball. Und wir können das nur, wenn jeder Spieler sein Letztes an Kraft, Wille und Einsatzbereitschaft hier in Glasgow bietet“, sollte sich wenig später bestätigen. Die ersten fünf Minuten beim gegenseitigen Abtasten brachten für Dynamo zweifellos einige Vorteile, doch spätestens nach dem Sololauf von Greig, dessen Schuss Kallenbach erstmals zu einer bravourösen Aktion zwang kam die Rangers-Maschine ins Laufen, um nicht wieder zum Stillstand zu kommen. Das geradezu unwahrscheinliche Tempo ließ Dynamo nur noch die Rolle eines Abwehrpartners, zumal die zu bedächtig vorgebrachten, wenigen Entlastungsangriffe schon an der Mittellinie zum Erliegen kamen. Ziegler, stets von D. Smith, McKinnon oder auch von beiden beschattet, blieb völlig wirkungslos. Kreische war es dagegen, der sich bemühte, etwas Linie in das Dynamo-Spiel zu bringen.

Die ganze Klasse eines Greig zeigte sich schon in dieser Phase. Jetzt mit ihm im Mittelfeld war der Rangers-Sturm wirklich ein Sturm. Jeder einzelne von ihnen ließ ganze Abwehrteile der Dynamos stehen und konnte letztlich nur gebremst werden, wenn sich die Dynamo-Deckung mit ihrem Körper in die Angriffsaktionen der Schotten warfen. Doch Tore konnten so, einfach nicht ausbleiben. Doch sie fielen nicht wie „reife“ Früchte, wie es die 60 000 nach dem 1:0 durch Penman erträumten. Die großzügige Regelauslegung des portugiesischen Schiedsrichters kam der Dynamo-Abwehr dabei zugute. Er duldete harten körperlichen Einsatz und unterschied genau, ob der Angriff auf den Ball oder auf den Gegner erfolgte. Die Überlegenheit der Rangers aber verhinderte er deshalb nicht. Sie war streckenweise so groß, dass Sörensen, der Held von Dresden, zur Untätigkeit verurteilt wurde. Wätzlich und Haustein hatten dagegen Schwerstarbeit zu verrichten, wobei Haustein mehr Wirkung erzielen konnte. Wätzlich dagegen stand hier wirklich vor der großen Bewährungsprobe seiner noch so jungen internationalen Laufbahn. Dass er an Henderson, der über einen unerschöpflichen Vorrat an Tricks verfügte, nicht zerbrochen ist, stellt ihm und seinen Mannschaftskameraden ein uneingeschränktes Lob aus.

Der Versuch, nun mit Macht das zweite Tor zu erzielen, das die Menge laufstark forderte, ließ jedoch auch die schottischen Stars nervös werden. Es schlichen sich Missverständnisse ein und Chancen wurden verfrüht vergeben. Allerdings war die Gegenwehr der Dynamos nicht schwächer, sondern mit fortschreitender Spielzeit immer verbissener geworden. Und als sich Zuschauer und Aktive mit dem knappen 1:0 zufriedenzugeben schienen, war erstmals seit Stunden Totenstille im riesigen Kessel des Ibrox: Kreische, der beste Dynamo-Stürmer, hatte nach kurzem Dribbling den Ball Richtung Tor gehoben, wo er sich zum Entsetzen der 60 000 hinter Sörensen ins Dreiangel senkte, nach unserer Zeit wenige Sekunden vor dem Abpfiff. Doch nun, als zehn Rangers die Köpfe hängen ließen, sich um den Erfolg ihrer überlegenen Spielweise gebracht sahen, behielt einer von ihnen die Nerven: Kapitän Greig. Jetzt bewies er seine wahre internationale Klasse. Für ihn hatte der Schiedsrichter dieses Spiel noch nicht beendet. Er nutzte eine winzige Lücke, die vielleicht in der Freude über den unerwarteten Ausgleich entstand, konsequent aus und drückte buchstäblich in letzter Sekunde, unhaltbar für Kallenbach, das Leder zum 2:1 über die Linie.

Es bleibt in diesen Minuten wenig Zeit, die Leistungen des Siegers und der Unterlegenen in allen Einzelheiten zu würdigen. Eines können wir jedoch noch unmittelbar unter dem Eindruck des soeben Erlebten vorwegnehmen: Selten, dies bestätigten uns unmittelbar nach dem Treffen spontan schottische Offizielle, Zuschauer und Journalisten, haben sich die blauweißroten Spieler im Ibroxpark so glücklich in den Armen gelegen, haben 60 000 ihre Mannschaft so gefeiert, wie in diesen Minuten. Und das sollte uns angesichts der Dramatik und auch des Pechs trösten. Dynamo Dresden hat in seiner bisher größten internationalen Bewährungsprobe alles gegeben, was es konnte – und nicht enttäuscht. Von Dynamo Dresden und dem DDR-Fußball wird man nach den 180 Minuten von Dresden und Glasgow ab jetzt mit Hochachtung in Schottland sprechen.

Klaus Sammer in Interview

Die Spiele gegen Glasgow Rangers haben uns weiterentwickelt


Sie führten die Mannschaft zum ersten Cup-Spiel als Kapitän auf den Rasen. Dies war sicher ein wichtiges Ereignis für Sie.

Auf alle Fälle. Denn wir waren in dieser Zeit eine typische Fahrstuhl-Mannschaft.Wir sind ständig zwischen der ersten und zweiten Liga gependelt. Auch spielten wir im DDR-Fußball noch keine große Rolle. Und so haben uns diese beiden Spiele sehr viel bringen sollen. Denn dies war die einzige Möglichkeit, außer bei den Spielen der „Inter-Toto-Runde“, internationale Erfahrung zu sammeln. Sonst konnten wir nur gegen Polen, Tschechen oder Rumänen spielen, aber eben nicht gegen westeuropäische Teams. Kapitän war ich zu diesen, aber auch anderen Spielen, immer nur wenn ich vom Trainer bestimmt wurde. Aber eigentlich wollte ich Rolle nicht haben. 

Warum nicht?

Man wollte Führungsspieler erziehen, aber immer mit „Rot Front“. Man sollte in solch einer Position dann benutzt werden und genau aus diesem Grunde wollte ich nie freiwillig Kapitän sein. Ich habe dies nur getan, damit es kein Theater gab.

Können Sie sich noch an den Spielverlauf in Dresden erinnern?

Dies war das einzige Spiel, was wir im Cup-Wettbewerb im Heinz-Steyer-Stadion ausgetragen haben. Das Spiel war ausverkauft und es war eine sehr gute Stimmung. Ich glaube, dass viele Menschen uns nicht sehr viel gegen die bekannten Glasgow Rangers zugetraut haben. Wir haben dann aber ein sehr gutes Spiel geliefert und mit dem 1:1 auch nicht enttäuscht. Das 0:1 erzielte Alex Ferguson, der ja heute einer der besten Trainer der Welt ist. Mitte der zweiten Halbzeit sollte gerade Dieter Riedel ausgewechselt werden, als ich ihn anspielte und er ein sagenhaftes Ding zum Ausgleich einschoss. Und dadurch hatten wir durchaus noch theoretische Chancen für das Rückspiel. Aber viele vermuteten, dass wir auf der Insel mindestens sechs Stück

Wie war die Reise und das Spiel in Glasgow?

Wir mussten einige Tage vor dem Spiel noch alle nach West-Berlin fahren und in der britischen Botschaft unsere Visa abholen und so haben wir alle gemeinsam unter der Siegessäule gestanden. Auch dies bleibt einem in Erinnerung. Vor dem Spiel im Ibrox-Park haben wir uns unter einer Tribüne warm gemacht und haben schon dort die fantastische Stimmung erlebt, welche dann das ganze Spiele über beide Mannschaften begleitete. Die Schotten haben vom Anpfiff weg ordentlich Druck gemacht, vor allem über ihre beiden Außenstürmer. Wir sollten gleich erfahren, wer Herr im Hause ist. Mein Gegenspieler, ein Däne, hat mir gleich zu Beginn eine ins Gesicht verpasst. Aber wir haben auch schnell gemerkt, dass wir mit Kampfgeist gegenhalten konnten. Wir lagen zwar zur Halbzeit mit 0:1 zurück, konnten aber durch Hans Kreische kurz vor Schluss noch den Ausgleich erzielen. In der 90. Spielminute gelang dann Greig noch der Siegtreffer. Wir haben zwar verloren und waren dadurch aus dem Wettbewerb, aber wir haben den Kritikern, die uns nichts zugetraut hatten, gezeigt, dass wir doch nicht untergegangen sind. Wir alle haben aus diesen Begegnungen sehr viel Selbstvertrauen für die Zukunft mitgenommen und wir haben gesehen, dass wir auch mit der internationalen Spitze mithalten konnten.  

Was haben Sie während ihres Aufenthaltes in Schottland unternommen?

Da kann ich mich vor allem erinnern, dass wir gemeinsam als Mannschaft im Kino waren und dort das erste Mal einen James Bond-Film gesehen haben. Unsere Funktionäre wussten aber nichtass darin gegen die Russen gehetzt wurde. Später durften wir solche Filme nicht mehr sehen. Für uns Spieler war es aber ein großes Erlebnis.

Hatten Sie auch die Gelegenheit mit gegnerischen Spielern in Kontakt zu treten?

Ja natürlich. Es war zwar verboten, aber wir haben uns dann trotzdem mit einigen auf unseren Zimmern getroffen. Auch einige offizielle Vertreter der Rangers waren dabei. Da ich im Hin- und auch im Rückspiel eine gute Partie gemacht haben muss, haben die mir gesagt, dass ich mit solch einer Leistung durchaus 100.000 Pfund in Schottland verdienen könnte. Auch wenn dies kein richtiges Angebot war, hat man da als junger Spieler schon eine „dicke“ Brust bekommen.

Haben Sie als Spieler auch mitbekommen, dass es Aufregung um die Mannschaftsärztin Frau Dr. Israel gab?

Sie trug auch dort ihr grünes Kostüm und da dies die Farben von Celtic waren, gab es etwas Aufregung. Unser Trainer Manfred Fuchs gab ihr dann im Spielertunnel einen blauen Regenmantel – die Farben der Rangers – und darauf hat das Publikum absolut begeistert reagiert.

Was haben Sie von diesen Spielen mitgenommen und wie haben diese Sie als Spieler geprägt?

Ich, aber auch die anderen Spieler haben durch diese Spiele Selbstvertrauen gewinnen können. Dies wurde uns aber in der DDR oft wieder genommen. Ich denke da vor allem an Spieler wie Kreische. Wenn damals ein Spieler zu selbstbewusst wurde und auch mal eine eigene Meinung vertrat, wurde dieser wieder klein gemacht oder bekam eines auf den „Deckel“.

Manfred Scheler im Interview

Sir Stanley Rous gab unserem Drängen nach und hat Dresden zum Messepokal zugelassen


1967 hat Dynamo Dresden mit den beiden Spielen gegen die Glasgow Rangers am Messepokal teilgenommen, wo doch Dresden damals gar keine Messestadt war. Herr Scheler, wie kam es dazu?

Im Frühjahr 1967 weilte eine sehr große internationale Fußball-Delegation unter Leitung des damaligen FIFA-Präsidenten Sir Stanley Rous in Dresden. Sie war in unserem Gästehaus am Weißen Hirsch untergebracht. Dort haben wir Herrn Rous und seine Begleiter gebeten, Dynamo in der darauffolgenden Saison im Messestädte-Pokal antreten zu lassen. Wir haben argumentiert, dass Dresden durch seine Nähe zur Leipziger Messe sehr von den dortigen Besuchern mit eingebunden werde. Viele Messe-Besucher würden in Dresdner Hotels schlafen und zusätzlich Sehenswürdigkeiten wie den Dresdner Zwinger besichtigen. Des Weiteren haben wir unser Hygiene Museum angeführt, in dem in dieser Zeit mehrere Tagungen organisiert wurden. Diese Argumente wurden sehr aufmerksam von der Delegation registriert und Sir Stanley Rous hat uns bei seiner Abreise zugesichert, dass wir in der Saison 1967/68 für den Messepokal zugelassen würden.

Dieses Spiel fand dann als einziges der 98 Cup-Spiele im Heinz-Steyer-Stadion statt. Wieso wurde damals nicht im Rudolf-Harbig-Stadion gespielt?

Damals war das Rudolf-Harbig-Stadion noch nicht auf internationalem Standard. Aus diesem Grund haben wir dieses Spiel dann eben im Steyer-Stadion ausgetragen, das damals noch 40.000 Zuschauer fasste und von der UEFA als Austragungsort zugelassen wurde. Aber auch unsere Spiele in der internationalen Totorunde der 60er Jahre haben wir in diesem Stadion ausgetragen und zusätzlich war es auch unsere Heimstätte bis Mitte der 50er Jahre, erst dann sind wir an die Lennéstraße umgezogen. Damit Dynamo auch in den darauffolgenden Jahren an internationalen Spielen teilnehmen durfte, stellten die FIFA und die UEFA als Bedingung den Bau einer modernen Flutlichtanlage.

Nach der Saison 1967/68 ist Dynamo noch einmal aus der Oberliga abgestiegen und damals wurde in Dresden lange diskutiert, ob Dynamo oder die FSV als Leistungszentrum entwickelt und unterstützt werden sollte. Wie kam es dazu, dass die Wahl auf die SG Dynamo Dresden fiel? 

An diesem Entscheidungsprozess war neben mir der damalige Oberbürgermeister Dresdens Gerhard Schill sowie der 1. Sekretär der SED-Bezirksleistung Dresden Werner Krolikowski beteiligt. Wir brauchten einen Trägerbetrieb, welcher die finanzielle Absicherung des Vereins übernehmen sollte. Dazu wollte Krolikowski gern die Reichsbahn gewinnen. Diese sollte die FSV Lok Dresden unterstützen und zum Leistungszentrum ausbauen. Dies war aber nicht möglich, da die Reichsbahn schon Lok Leipzig als Spitzenclub unterstützte. Ich war schon damals Anhänger der Dynamos, deshalb habe ich Kontakt mit der Sportvereinigung Dynamo in Berlin aufgenommen. Ich wollte erreichen, dass die Berliner die finanzielle Unterstützung der SG Dynamo komplett übernehmen. Zusätzlich habe ich gemeinsam mit Erich Jahnsmüller, dem damaligen Clubchef, ein Konzept für Dynamo erarbeitet. Hier waren unter anderem folgende Forderungen enthalten: keine Einmischung mehr aus Berlin, absolute Selbständigkeit, volle finanzielle und materielle Unterstützung von Seiten der SV Dynamo sowie eigenen Einzugsbereich, vor allem im Bezirk Dresden, aber auch in den Bezirken Leipzig, Karl-Marx-Stadt und Erfurt.

Mit Kurt Kresse hatten wir einen perfekten Trainer, der gerade die Nachwuchsarbeit in Dresden revolutionierte und damit die Basis für die Erfolge der 70er Jahre legte.

Als sichtbares Zeichen, dass Dynamo Dresden der Spitzenclub in Dresden sein sollte, legte ich auch fest, dass wir die weinrote Dynamo-Farbe ablegten und in Gelb-Schwarz, den Stadtfarben von Dresden, spielten. Dies war im Jahr 1969. Anfang der 70er Jahre haben wir dann auch noch in das Dynamo-Logo den Schriftzug „Dresden“ setzen lassen.

Nach der Entscheidung in der Saison 1968/69, Dynamo in Dresden zum Leistungszentrum zu entwickeln, begann der steile Aufstieg der Gelb-Schwarzen zum DDR- und europäischen Spitzenverein. Wie schwer war es, diese Entwicklung zu ermöglichen?

Zum einen gelang es uns, nach dem Aufstieg 1969 mit Walter Fritzsch einen der damals besten Trainer nach Dresden zu holen. Dies war aber gar nicht so leicht, denn Stahl Riesa wollte ihn natürlich nicht ziehen lassen und finanziell war er dort auch bestens versorgt. Werner Krolikowski kannte Walter Fritzsch noch aus seiner Zeit bei Empor Rostock und stellte den Kontakt her. Meine Aufgabe war es, die Rahmenbedingungen für den Wechsel nach Dresden zu schaffen. So habe ich ihm eine Wohnung in der Nähe des Stadions organisiert. Zusätzlich habe ich mit dem Kombinat Fortschritt Landmaschinenbau gesprochen, welches ihn dann symbolisch beschäftigte. Mit diesem zusätzlichen Gehalt war Fritzsch finanziell nicht schlechter gestellt als in Riesa.

Zusätzlich haben wir an der Entwicklung des Stadions und der Trainingsstätten gearbeitet. Dabei haben wir große Unterstützung aus Dresden und im ganzen Bezirk erhalten und organisiert. So hat der Sächsische Brücken- und Stahlbau in Niedersedlitz die Flutlichtmasten errichtet. Den Stahl haben wir damals über die SV Dynamo aus Schweden organisiert, die Finanzierung lief direkt über Berlin. In Neugersdorf haben wir die beiden Traglufthallen bauen lassen, welche das Training gerade in den Wintermonaten wesentlich verbesserten. Die Errichtung der neuen Anzeigetafel war ein Musterbeispiel der Zusammenarbeit mehrerer Kombinate in Dresden.

Es war damals auch viel leichter, Entscheidungen durchzusetzen. So habe ich gemeinsam mit Oberbürgermeister Schill festgelegt, dass das Trainingsgelände, welches ja noch heute besteht, im Großen Garten angelegt wird. Dies wäre heute gar nicht mehr denkbar.  

1982 haben Sie dann Dresden verlassen. Dies kam sehr überraschend und erfolgte sehr schnell. Wie kam es dazu?

Dies hatte mehrere Gründe. Zum einen war einigen mein Einsatz für Dynamo nicht genehm, aber dies war nicht der Hauptgrund. Ich war damals mit einigen Entwicklungen gerade in Dresden, aber auch in der gesamten DDR, nicht zufrieden. Dies habe ich dann auch an der Parteischule angesprochen. So gefiel mir die Entwicklung gerade im Wohnungsbau überhaupt nicht. Zum einen verfielen unsere Städte immer mehr und dann wurden auf der Grünen Wiese Trabanten-Städte errichtet. Aber an die Verbindung zum Arbeitsplatz, durch den Nahverkehr oder durch Straßen, wurde nicht gedacht. In Dresden war dies gerade im Ortsteil Gorbitz so. Damals war die ganze Baukapazität auf den Plattenbau ausgerichtet und alle anderen Baufachleute wurden nach Berlin abgezogen. Ein zusätzlicher Kritikpunkt war die geplante Errichtung der Bobbahn in Altenberg. Für mich war damals nicht erklärbar, warum die kleine DDR nicht die vorhandene Bahn in Oberhof rekonstruierte, sondern eine neue im Erzgebirge errichten musste. Und wieso dafür der letzte gesunde Wald geopfert werden sollte.

Mir wurde dann durch Hans Modrow, mit dem ich nicht das beste Verhältnis hatte, mitgeteilt, dass ich nach Berlin gehen muss. Dies war natürlich für mich erst einmal sehr unschön und kam sehr überraschend. Gerade weil meine Familie in Dresden wohnte.

In Berlin wurde ich dann zum 1. Vorsitzenden des Zentralverbandes des VdgB, des Verbandes der gegenseitigen Bauernhilfe, ernannt. In dieser Funktion wurde ich noch Mitglied der Volkskammer bis zu deren Auflösung 1990.

Haben Sie nach Ihrem Weggang nach Berlin noch Spiele der Dynamos besucht?

Gleich nachdem mein Weggang beschlossen worden war, musste ich meine Dynamo-Jahreskarte abgeben. Und das Stadion durfte ich nicht mehr betreten. Dabei war ich seit 1975 sogar Ehrenmitglied bei Dynamo Dresden.

Als ich dann in Berlin angekommen war, wurde mir durch die SV Dynamo sofort eine Jahreskarte für den BFC zugeschickt. Und so war ich ab 1982 öfters Gast in deren Stadion. Natürlich habe ich die drei Pokalendspiel zwischen Dynamo und dem BFC der 80er Jahre besucht und mich riesig über die Siege „meiner“ Dynamos gefreut.

Seit wann sind Sie nun wieder in Dresden und gehen Sie heute zu den Spielen von Dynamo?

1993 bin ich wieder aus Berlin zurückgekommen. Ich wollte wieder in der Nähe meiner Familie sein. Damals wohnten wir in Bannewitz. Als die Traditionsmannschaft von Dynamo in dieser Zeit dort ein Spiel absolvierte, bin ich hingegangen und wurde dort sofort von Dieter Riedel, Frank Ganzera und den anderen alten Spielern herzlich begrüßt und zu den wöchentlichen Treffs der Traditionsmannschaft eingeladen. Seit dieser Zeit habe ich auch wieder eine Jahreskarte und freue mich über jeden Sieg. Heute wohne ich wieder in Dresden.

Impressionen der Europapokalsaison 1967/68

1970/1971: Messepokal

1. Runde: Partizan Belgrad - Dynamo Dresden 0:0 (0:0)

Die Deckungsreihen dominierten
 

Deutliche Steigerung von Dynamo Dresden in der zweiten Halbzeit

Partizan Belgrad: Curkovic – Radakovic, Damianovic (ab 46. Petrovic), Nodoveza, Paunovic, Budisic, Zivaljevic (ab 63. Katic), Djordjevic, Vukotic, Djordjic, Kovic.
Dynamo Dresden: Kallenbach – Ganzera, Kern, Sammer, Haustein, Ziegler, Hemp, Kreische, Heidler, Richter (ab 76. Geyer), Sachse (ab 60. Riedel).

Schiedsrichterkollektiv: Wöhrer, Dolezal, Ginner (alle Österreich). Zuschauer: 20.000

„SZ“ Sportredakteur Günter Hamann berichtet aus Belgrad

Im ersten der beiden Messecupspiele beider Mannschaften ergriff der Gastgeber – wie erwartet – vom Anpfiff weg die Initiative. Versuchte sich anfangs der von allen jugoslawischen Mannschaften gefürchtete Vukotic mit Torschüssen, ging in der Folgezeit die meiste Gefahr von den Außenstürmern aus, mit denen Ganzera und Haustein vorerst erhebliche Mühe hatten. Erstaunlich schnell jedoch verloren die Partizan-Stürmer ihren spielfaden und nachdem Richter erstmalig aus gut 20 Metern das Partizan-Gehäuse anvisierte, bekamen die Dynamos Oberwasser. Zählbaren Erfolg aber konnte der Gast aus der nun kaum noch zu übersehenden Zerfahrenheit der Jugoslawen nicht ziehen. Die beste Szene der ersten 45 Minutenverzeichnete Kreische, der nach 25 Minuten eine Ablage von Heidler im Gedränge nur an das Knie, aber nicht auf das Schussbein bekam.

Mit Beginn der zweiten Halbzeit ging die Szenerie ganz deutlich an Dynamo über. Während Partizan zwar unermüdlich rackerte, aber kaum Spielzüge über mehrere Stationen zuwege brachte, bot sich dem in der 60. Minute eingewechselten Riedel bereits drei Minuten später, die wohl größte Chance des ganzen Spiels. Auf rechter Position völlig freistehend angespielt, blieb er vor dem jugoslawischen Schlussmann nicht Herr seiner Nerven und verzog das Leder aus kürzester Entfernung. Fast unmittelbar nach ihm setzte Kreische aus dem Mittelfeld zum solo an, traf aber aus gut 20 Metern nur knapp neben den Pfosten.

Durch diese Aktionen hatte das Spiel wieder mehr Frabe bekommen, ohne jedoch das Prädikat „gutklassig“ verdient zu haben. Beim Gastgeber, dem nun die Zeit davonlief, waren fast alle Spielzüge von steigender Nervosität gekennzeichnet. Das um so mehr, da die Devise von Dynamo natürlich vorrangig auf Ballsicherung und den damit verbundenen Zeitgewinn gerichtet war. Dieses Rezept ging letztlich auch auf, zumal die Dynamos im Gegensatz zu Partizan hier noch etwas zuzusetzen hatten. Und es war nicht zu übersehen: Für die Dresdner, die sich durch das 0:0 eine recht gute und erfolgverheißende Ausgangsposition für das am 30. September im Dynamo-Stadion stattfindende Rückspiel schufen, war sogar mehr drin als das Remis.

 

1. Runde: Dynamo Dresden - Partizan Belgrad 6:0 (4:0)

Partizan ging im Torrausch unter


Jugoslawen nach dem 0:4 völlig entnervt – Hans-Jürgen Kreische vierfacher Torschütze – Die restlichen Treffer erzielten Sammer und Sachse 


Dynamo Dresden: Kallenbach – Ganzera, Kern, Sammer, Haustein, Ziegler, Hemp, Kreische, Heidler (ab 64. Riedel), Richter (ab 25. Geyer), Sachse.
Partizan Belgrad: Curkovic – Radakovic, Pejovic, Nadoveza, Paunovic, Budisic, Petrovic (ab 46. Maric), Djordjevic, Kalic, Vukotic, Bjekovis (ab 45. Zivaljevic).
Schiedsrichter: Davidson (Schottland). – Zuschauer: 30 000. – Torfolge: 1:0 Kreische (16.), 2:0 Sammer (25.), 3:0 Kreische (36./Foulelfmeter), 4:0 Kreische (43./Foulelfmeter), 5:0 Kreische (71. Foulelfmeter), 6:0 Sachse (85.)

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Von unserem Sportredakteur Günter Hamann

Der gestrige Mittwochabend wird noch lange, und nicht nur in Dresden, die Gemüter der Fußballfreunde bewegen. Die Tatsache, dass Dynamo Dresden mit diesem Sieg über Partizan Belgrad die nächste Runde des Messepokals erreichte, steht dabei zweifellos hinter der Art und Weise zurück, wie er zustande kam. Selbst kühnste Optimisten dürften in ihren Erwartungen übertroffen worden sein, und selbst der pausenlose Regen konnte für keine Sekunde die begeisterte Stimmung auf den Rängen beeinträchtigen.

Zwei Spielphasen scheinen uns dabei entscheidend für den Ausgang dieser wichtigen Partie. In der fünften Minute wird Partizan-Mittelstürmer Kalic am Strafraum völlig frei angespielt. Statt sofort abzuschließen, riskiert er drei Schritte. Das genügte Frank Ganzera, um ihm in buchstäblich letzter Sekunde das Leder vom Schussbein zu spitzeln. Korrekt! Wie wichtig das war, wird unser Bericht noch zeigen. 25. Minute: Klaus Sammer riskiert von Rechtsaußenposition einen 30-m-Heber Richtung Tor. Curkovic, seit Juni dieses Jahres nicht bezwungen, berechnete den Ball falsch. Im Bemühen, seinen Fehler auszubügeln, konnte er auf dem glatten Rasen ins Rutschen, und das Leder senkte sich hinter ihm ins Dreiangel zum 2:0 für Dynamo. Das war der K. O. für Partizan, von diesem Schock konnte sich der Gast nie wieder erholen.

Partizan hätte an diesem Tage allerdings Höchstform bringen müssen, um diese Dresdner Dynamo-Mannschaft in den Griff zu bekommen. Da gab es keinen schwachen Punkt, da rollt Augriffswelle auf Angriffswelle aus einer sicheren und elastischen Deckung auf das Belgrader Gehäuse, da war das Bemühen, jeden Vorstoß auch mit einem Torschuss abzuschließen. Hielt Belgrad die ersten 15 Minuten das Geschehen noch spielerisch offen, sah es sich spätestens nach dem 0:1 derart in die Defensive gedrängt, dass nun auch Ganzera, Sammer und die anderen sich aktiv nach vorn orientieren konnten. Schade in dieser Phase, dass Richter so frühzeitig verletzt ausscheiden musste, nachdem er die wichtige Vorarbeit zum ersten Tor geleistet hatte.

Drei Elfmeter in einem Spiel, alle in Tore umgemünzt, schmälern nicht die Leistung des Siegers. Alle drei resultieren aus klaren Foulspielen, die der hervorragende schottische Unparteiische genauso klar ahndete. Partizan hätte spätestens nach dem ersten merken müssen, dass Davidson im Mittelfeld manche Härte ungestraft ließ, im Strafraum aber zu keiner Inkonsequenz bereit war.

Die zweite Halbzeit wurde vom Mädchenspielmannzug der BSG Verkehrsbetriebe Dresden eingeleitet, der für seine Premiere wirklich besseres Wetter verdient hätte. Dynamo schaltete, wofür man auf den Rängen Verständnis hatte, nach Wiederanpfiff einige Gänge zurück. Partizan kam dadurch besser zum Zuge, ohne indessen den Nerv zu haben, dieses Spiel noch gewinnen zu wollen. Immerhin hatte jetzt Kallenbach mehrfach Gelegenheit, zu beweisen, dass er in seiner Mannschaft eine sichere Bank ist. Riedel, für Heidler ins Spiel gekommen, fügte sich erstaunlich schnell ein und sorgte noch einmal für Dampf. Mit dem an ihm verwirkten Strafstoß begann dann der Dynamo-Schlussspurt, dessen Ausbeute gut und gerne noch höher hätte ausfallen können; den in der 82. Minute sprang ein Innenpfostenschuss von Kreische ins Feld zurück, und Sekunden vor dem Schlusspfiff strich ein Fernschuss des gleichen Spielers nur um Millimeter über die Latte.

Stimmen nach dem Spiel

Gojko Zec, Trainer von Partizan Belgrad: „Ich war überrascht von der Spielstärke der Dresdner auf eigenem Boden. Ein solches Debakel durfte es allerdings nicht gegeben. Meine Mannschaft hat bei weitem nicht Normalform erreicht. Hier aber war eine Bestleistung notwendig, um zu einem achtbaren Ergebnis zu kommen. Die drei Strafstöße, die der schottische Schiedsrichter gab, waren völlig in Ordnung. Überhaupt habe ich nichts an der Leistung des Schiedsrichterkollektivs auszusetzen. Ich wünsche der Dresdner Dynamo-Mannschaft ein erfolgreiches Weiterkommen in der nächsten Runde. Wenn sie gleichermaßen aufspielt, wird ihr das auch gelingen.“

Walter Fritzsch, Trainer von Dynamo Dresden: „Ich hatte die Belgrader Mannschaft natürlich stärker eingeschätzt. Aber ich glaube, die Erfahrungen, die wir beim ersten Spiel gesammelt haben, kamen uns in diesem Rückspiel sehr zustatten. Das erste Tor schon in der Anfangsphase des Spieles war wichtig. Dadurch gewann unsere Mannschaft noch mehr an Selbstvertrauen. Sie wuchs dadurch über sich selbst hinaus. Ich muss meiner Mannschaft ein Gesamtlob aussprechen. Ich glaube, dieses Spiel war für alle ein großes Erlebnis. Vor allem freue ich mich, dass meine taktischen Anweisungen so konsequent befolgt wurden.“

2. Runde: Leeds United - Dynamo Dresden 1:0 (0:0)

Entscheidung durch Handelfmeter


Für den einzigen Treffer sorgte Lorimer – 0:1 lässt für das Rückspiel alle Chancen offen


Leeds United: Harvey – Davey, Cooper, Bremner, J. Charlton, Hunter, Lorimer, Clarke, Jones, Belfitt (ab 75. Galvin), Madeley.
Dynamo Dresden: Kallenbach – Ganzera, Dörner, Sammer, Kern, Haustein, Ziegler, Kreische, Hemp, Heidler, Richter.
Schiedsrichter: Delcolur, Raeymaekers, Heerpoel (alle Belgien). – Zuschauer: 25 000. – Torfolge: Lorimer (57./Handelfmeter)

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Von unserem Sportredakteur Otto Pohlmann

Trainer Harry Nippert urteilte wenige Minuten nach dem Schlusspfiff: „Meine Mannschaft hat über die gesamten 90 Minuten bewunderungswürdig gekämpft. Unser taktisches Konzept hat sich als richtig erwiesen, unter anderem deshalb, weil Dörner die ihm übertragene Aufgabe mustergültig erfüllt hat. Allerdings muss ich einschränken, dass wir in der ersten Halbzeit besonders im Mittelfeld nicht so ins Spiel kamen, wie es dem Verlauf nach möglich gewesen wäre. Machen wir uns jedoch keine Illusionen: Trotz des geringen Rückstandes wird es am 4. November in heimischer Umgebung sehr schwer werden. Die Aufgabe, die nächste Runde zu erreichen, wird eine Dynamo-Mannschaft in besserer Verfassung erfordern. Unsere Vorbereitung auf das Rückspiel wird deshalb darauf eingestellt sein müssen, auf einen Gegner zu treffen, der auch in Dresden zu einer weiteren Steigerung fähig ist.“

Dynamo Dresden hatte sich von Beginn an im Elland Ground, dem Stadion des englischen Tabellenführers Leeds United, eines ungemeinen Angriffsdrucks der Engländer zu erwehren, die mit mindestens drei Toren Vorsprung das Rückspiel in Dresden beginnen wollten. Mit dieser Offensive hatten die Dresdner selbstverständlich gerechnet, und Trainer Harry Nippert, in Vertretung des erkrankten „Chefs“ Walter Fritzsch, hatte in der Spielvorbereitung seiner Mannschaft entsprechend vorbereitet. Er stellt den jungen Dörner, der zuletzt nicht zum Stammaufgebot der ersten Mannschaft gehörte, als letzten Mann hinter Ganzera, Sammer, Kern und Haustein ins Abwehrzentrum.

Diese Maßnahme bewährte sich im Großen und Ganzen. Befürchtungen, dass Dörner keine genügende Abstimmung mit seinen Neben- und Vorderleute finden könnte, erwiesen sich als nicht begründet. Er erfüllte seine Aufgabe mit viel Krafteinsatz, aber sicher. Im Anfangsstadium hatte Kern und Sammer vor allem die Aufgabe, die hohen Eingaben der englischen Flügelstürmer – in erster Linie kamen sie von Lorimer – mit Kopfballabwehr zunichtezumachen. Mit ihrer Körpergröße waren sie dazu förmlich prädestiniert, narrten ihre Gegner, die ständig auf der Lauer lagen und durch den nachrückenden Charlton nachdrücklich unterstützt wurden.

Der Dresdner Angriff allerdings war nicht stark genug, um die Leeds-Deckung genügend zu beschäftigen. So gab man den Engländern mehr als genug Gelegenheit, in der Dresdner Hälfte zu agieren, statt sich mit Deckungsaufgaben zu beschäftigen. Vor allem Cooper und Hunter sorgten für Unterstützung des eigenen Angriffs, obwohl man gerade ihnen größere Beschäftigung in der eigenen Hälfte gewünscht hätte. Beide versuchten sich auch mit Schüssen aus der zweiten Reihe, die allerdings sämtlich eine Beute des vorzüglich aufgelegten Dynamo-Torhüters Kallenbach wurden.

Viele Phasen der ersten Halbzeit bestätigten die Taktik der Dresdner, mit möglichst wenigen Gegentoren „über die Runden“ zu kommen. Genau genommen ging dies allerdings gegen Harry Nippers Anweisung, in übersichtlichsten Situationen sofort von der Abwehr über ein ballsicherndes Mittelfeldspiel auf Angriff zu schalten.

In der zweiten Halbzeit sah die Dresdner Elf dann weit besser aus. Richter und Heidler kamen nun ihrer Aufgabe, nicht nur die ersten Ansätze des gegnerischen Angriffes zu stören, sondern selbst produktive Entlastungsangriffe aufzubauen, erheblich besser nach als in den ersten 45 Minuten. Doch gerade in dem Moment, als sich auch das Mittelfeldspiel zu festigen begann, fiel der einzige Treffer des gesamten Spieles: „Dixie“ Dörner musste auf der Linie für den schon geschlagenen Kallenbach einen wuchtigen Kopfstoss mit der Hand über die Latte lenken. Den fälligen Elfmeter verwandelte Lorimer kaltblütig, wobei Kallenbach wohl das richtige Toreck ahnte, gegen den Scharfschuss jedoch machtlos war.

Befürchtungen, dass dieser Rückstand einen Schock bei den Dresdnern auslösen könnte, erwiesen sich in der Folgezeit als nicht berechtigt. Im Gegenteil: Die Schlussphase sah eine Dresdner Elf, die nun stärker in die Offensive ging und ihren Gegner mehr beschäftigte, als ihm das lieb war. Kreische und Richter vor allem zwangen den englischen Schlussmann zu einigen riskanten Paraden; und so gesehen war der Beifall, mit dem die 35 000 beide Mannschaften verabschiedeten, auf für Dynamo Dresden verdient.

2. Runde: Dynamo Dresden - Leeds United 2:1 (1:1)

Sieg - aber ein Tor fehlte!


Gute Partie von Dynamo mit erheblicher Steigerung in der zweiten Halbzeit – routinierte Engländer nutzten Abwehrfehler mit Konsequenz zum Ausgleich – anrennen der Dresdner in der Schlussphase blieb unbelohnt


Dynamo Dresden: Kallenbach – Ganzera, Dörner, Sammer, Haustein, Ziegler, Hemp, Kreische, Riedel (ab 77. Geyer), Richter, Sachse (ab 46. Heidler).
Leeds United: Sparke – Madely, J. Charlton, Bremner, Davy, Lorimer, Hunter, Bates, Giles, Jones, Clarke.
Zuschauer: 35 000. Schiedsrichter: Marschall (Österreich). Torfolge: 1:0 Hemp (15.), 1:1 Jones (32.), 2:1 Kreische (64.)
Besondere Vorkommnisse: Rote Karte für Geyer & Bates (82.)


Gedanken, Notizen, Betrachtungen – Vom „SZ“ – Sportredakteur Günter Hamann und „SZ“ – Mitarbeiter Herbert Heidrich

Vor 35 000 Zuschauern – unter ihnen als herzlich begrüßte Ehrengäste Werner Krolikowski, Mitglied des ZK der SED und 1. Sekretär der Bezirksleitung Dresden, Rudi Hallmann, Leiter der Abteilung Sport bei ZK der SED, Bernhard Orzechowski, Vizepräsident des DTSB und Manfred Scheler, Vorsitzender des Rates des Bezirkes, schlug Dynamo Dresden im Messecuprückspiel den englischen Tabellenführer Leeds United mit 2:1 (1:1) Toren. Es war ein verdienter Sieg, der nur den bitteren Beigeschmack hat, dass die Dynamos dennoch aus dem Cupwettbewerb der europäischen Messestädte ausscheiden müssen, weil ihr Erfolg um einen Treffer zu niedrig ausfiel. Den Engländern, die zu Hause mit 1:0 die Oberhand behalten hatten, genügte der eine Treffer, mit dem Jones einen Abwehrfehler von Dynamo konsequent bestrafte. Ihr Weiterkommen verdanken die Gäste allerdings auch einer erheblichen Portion Fußballglück; denn in der Schlussphase, in der Dynamo alles nach vorn warf, um doch die Entscheidung zu erzwingen, „schwamm“ Leeds und rettete sich nur mit dem Geschick und den Tricks erfahrener Profis über die Zeit

Nach dem 2:1 spielte nur eine Mannschaft: Dynamo

Harry Nippert, amtierender Cheftrainer Dynamo Dresden, sagte vor dem ersten Spiel gegen Leeds United: „Uns ist es lieber, zuerst beim Gegner anzutreten, vorausgesetzt, wir haben vorher Gelegenheit, dessen Spielweise sowohl vor heimischer Kulisse als auch auswärts zu studieren. Wir können unsere Mannschaft dann darauf einstellen und danach trachten, ein möglichst knappes Ergebnis mit in das Rückspiel zu nehmen. Mit den Beobachtungen und den selbst gemachten Erfahrungen, unterstützt durch das Heimpublikum, müsste dann die nächste Runde zu schaffen sein.“

Das 0:1 vom 21. Oktober in Leeds entsprach so gesehen ganz den Erwartungen und ließ genau jene Chancen offen, von denen Harry Nippert sprach. Oder mit anderen Worten: Das 0:1 gestattete es, durch Forcierung des eigenen Sturmspiels den Rückstand wettzumachen, ohne unter dem Zwang zu stehen, die eigene Abwehr sträflich vernachlässigen zu müssen, weil es nur noch ein Entweder-Oder gab. Die schwierigste, weil trotz des nun Kennens des Gegners nicht geklärte Frage war deshalb die: Was kann die United-Deckung wirklich, wo liegen ihre Stärken und Schwächen? Denn in diesem Punkt konnte das erste Spiel keinen Aufschluss geben, weil sie in Leeds einfach zuwenig gefordert worden war. Wie erfüllte nun Dynamo angesichts der gegebenen Situation die Aufgabe am gestrigen Mittwoch?

Die Devise, erst einmal das eine Tor Rückstand aufzuholen, bestimmte die Marschroute vom Anpfiff an. Doch was wohl am wenigsten erwartet worden war, traf ein. Leeds stürmte mit, und zwar so gefährlich, dass sowohl die engere Dresdner Abwehr als auch die Mittelfeldreihe kaum etwas zum eigenen Sturmaufbau beitragen konnte. Dazu kam, dass besonders Haustein, einige Zeit auch Ganzera, mit ihren Außenstürmern größere Schwierigkeiten hatten. Einmal im Ballbesitz, waren die Bates und Lorimer nicht mehr davon zu trennen. Statt sie schon bei der Annahme des Leders zu stören, wurde die Dresdner Verteidigung mehr als einmal durch geschikte Körpertäuschungen und enorme Antrittsschnelligkeit genarrt. In der zweiten Halbzeit dann, als die Engländer dem Tempospiel der Dynamos immer mehr Tribut zollen mussten, steigerten sich beide enorm und erfüllten nun die Aufgaben voll und ganz, die ihnen von Anfang an zugedacht waren.

Auf die Mittelfeldreihe trifft im Wesentlichen das gleiche zu. Ziegler und Hemp rackerten, was dir Kräfte zuließen, doch hatten sie im Zerstören größere Wirkung als im Aufbau. Gut immer dann, wenn sie sich rechtzeitig vom Ball trennen konnten und diesen laufen ließen, statt es selber zu tun. So trug anfangs Kreische die Hauptlast, und das umso mehr, da er auch bei den eigenen Sturmspitzen (Richter und Sachse) nicht immer die notwendige Unterstützung fand. Erst als durch Hans-Jürgens 2:1 der Schock des Ausgleiches von allen genommen war, schwang sich die zweite Reihe zu der Leistung auf, die restlos begeistern konnte und die britischen Profis in der eigenen Hälfte im wahrsten Sinne des Wortes festnagelte.

Die Sturmspitzen Riedel, Richter und Sachse hatten es gegen die Leedser Abwehrreihen naturgemäß schwer. Doch während es Riedel gelang, durch sprintschnelle Dripplings für Wirkung zu sorgen, gelang Sachse nur wenig, vor allen wohl dadurch, dass er nicht wie seine Gegenspieler gleichfalls mit voller Kraft durchzog. Riedel war es auch, der durch ein langes Solo das 1:0 vorbereitete, das Hemp dann vollendete. Bemerkenswert, dass die Briten im Kopfball durchweg die Stärkeren waren. Im verlauf der 90 Minuten zogen sie darin nur zweimal den Kürzeren; beim zweiten Tor durch Kreische und bei Sammer. Doch da fischte Sprake den Ball aus dem Dreiangel.

Leeds „schwamm“ und zeigte sichtlich Nerven

Es war schon eine kompakte sportliche Visitenkarte, die Leeds United in Dresden vorzuweisen hatte. Seit 1964 wieder in der 1. englischen Division spielend, entwickelte sich diese „Truppe“ zu einem der führenden Teams Englands, war bislang zweimal Vierter, dreimal Zweiter und 1968/69 Meister der Insel und spielte auch in internationalen Cupwettbewerben eine beachtliche Rolle. Zu den 52 Europacuptreffen von Leeds United zählte das 1:0 gegen Dynamo Dresden im Elland Ground, dass – so urteilten die Experten – für die Engländer, allerdings nur ein schmales Polster war, Dynamo Dresden aber im Rückspiel die Chance des Weiterkommens ließ. Nicht bekannt war dabei allerdings das taktische Konzept, mit dem Trainer Don Revie seine Mannen auf den Rasen des Dynamo-Stadions schicken würde. Zu Hause spielte man voll offensiv, scheiterte aber (bis auf das Strafstoßtor von Lorimer) an Kallenbach und seiner stabilen Dynamo-Deckung. Baute man nun in Dresden auf eine Konterstellung oder suchte man selbst den Angriff? Bedeutete der Einsatz von Sprake und Giles jede Verstärkung, die Terry Coopers Ausfall nicht nur wettmachen konnte? Und wie wird vor allem die Leeds-Abwehr gegen eine Dynamo-Elf aussehen, die ja den Angriff suchen musste?

Dynamos amtierender Trainer Harry Nippert erwartete in seinem Gegner eine auf Abwehr orientierte Elf, die den Kontrahenten kommen lässt, damit Räume für Konterstöße frei werden. Er sollte damit – zumindest vorerst – nicht recht behalten; denn offensiv, war Leeds deutlich auf ein Tor aus, damit dem, so glaubten die Gäste (und so sollte es dann auch kommen) alles für sie gelaufen wäre. Hauptakteur bei diesem Vorhaben waren Jack Charlton, Lorimer und Giles, der sich im Angriff immer wieder anbot. Vor allem Lorimer stieß ständig in die freien Räume, stellte Haustein lange Zeit vor Rätsel, und von ihm ging auch in dieser Phase die größte Gefahr aus.

Erster Wendepunkt in dieser Partie war das 1:0, von Hemp aus fast unmöglich-spitzem Winkel erzielt. Ein Treffer, bei dem Sprake keine gute Figur machte, der aber, das sollte sich bald zeigen, die routinierten Profis nicht aus dem Konzept brachte. Kaltblütig nutzten sie eine nachlässige Abwehraktion von Haustein. Charlton legte Jones das Leder auf den Fuß, und schon war es passiert!

Wenn auch nicht schön, so doch verständlich war danach die taktische Marschorder der Gäste: durch Verschleppen des Tempos den Gegner aus seinem Rhythmus bringen, Zeit gewinnen und den wertvollen Vorsprung, den sie mit dem 1:1 (und auch noch mit dem 1:2 besaßen) unbedingt, und wenn es sein muss, mit „Haken und Ösen“ über die Zeit zu bringen. Dazu war ihnen jedes Mttel recht; Überhärte, Reklamieren bei Schiri, theatralische Einlagen bei harten Attacken, Rempeleien, kurz die ganze Trickkiste, deren sich Vollblutprofis in solchen Fällen zu bedienen pflegen. Doch selbst damit konnten sie ihren Gegner nicht beeindrucken, als der sich – leider schon zu spät – seiner spielerischen Mittel besann und die cuperfahrenen Engländer in beeindruckender Manier durcheinanderbrachte.

Deutliches Zeichen ihrer Nervosität war nicht zuletzt jener Tumult, den sie nach einem Foul an Heidler provozierten und bei dem sich ihr Linksaußen den Feldverweis einhandelte. Und auch die Tatsache schließlich, dass die Leeds-Elf gegen Spielende von der Trainerbank mit der Gleichmäßigkeit einer Zeitansage, die noch zu spielenden Minuten zugerufen wurden, zeugt von der Schwere dieses „Weiterkommens“, das sich beide Mannschaften sicher nicht so kräfte- und nervenzehrend vorgestellt haben dürfte.

Stimmen zum Spiel:

Dynamo-Trainer Harry Nippert: „Wir haben gewonnen und trotzdem verloren. Das stimmt uns traurig, aber ich meine, wir brauchen uns deshalb nicht zu schämen. Wir haben vor allem das Missgeschick bei 1:1 moralisch verkraftet und uns nach der Pause enorm gesteigert. Jeder einzelne Spieler entwickelte große kämpferische Qualitäten, aber es wurden auch alle spielerischen Potenzen ausgeschöpft. Die englischen Vollprofis haben uns allerdings gezeigt, was uns an internationaler Raffinesse noch fehlt. Zum entscheidenden dritten Tor, das durchaus möglich war, fehlte uns das Quäntchen Glück. In der ersten Halbzeit wurde im Mittelfeld nicht konsequent genug gedeckt. Dadurch erhielt vor allem Bremner zuviel Raum zum Spiel. Später aber fanden wir die richtige Einstellung zu unserem Gegner. Unser Spiel erhielt so noch einen sehr gefährlichen Zuschnitt.“

Don Revie, Trainer von Leeds United: „Wir sind eine Runde weiter und das ist die Hauptsache. Natürlich waren die Dresdner stärker als in Leeds, aber das hatten wir erwartet und darauf haben wir uns eingestellt. Das erste Tor war genauso vermeidbar wie unser Ausgleichstreffer. Das Spiel wurde von beiden Seiten mit großem Kraftaufwand bestritten. Sammer und Kallenbach waren für mich die stärksten Dresdner Spieler.“

Dixie Dörner im Interview

Unser Co-Trainer Harry Nippert machte mich im Spiel bei Leeds zum Libero

 

Herr Dörner, Sie erlebten Ihr erstes Europa-Pokal-Spiel 1970 bei Leeds United als sehr junger Spieler. Haben Sie daran noch Erinnerungen?

Natürlich ist mir dieses Spiel sehr gut in Erinnerung geblieben. Zum einen hatten die Leedser damals eine internationale Spitzen-Mannschaft. Diese war gespickt mit Top-Spielern wie dem englischen Nationalspieler Jack Charlton oder dem schottischen Billy Bremner. In der ersten Runde gegen Belgrad wurde ich von Walter Fritzsch noch nicht berücksichtigt. Aber zum Spiel gegen Leeds war ich dann im Aufgebot. Und dazu noch als Libero. Zu dieser Zeit spielte ich ja eigentlich als Mittelstürmer oder zumindest im Mittelfeld. Walter Fritzsch war zu dieser Zeit länger krank und so war Harry Nippert als Co-Trainer für uns verantwortlich. Und er legte fest, dass wir gegen United mit Klaus Sammer und Joachim Kern als Vorstopper und mir dahinter als Libero spielen würden.

Sie haben aber in diesem Spiel nicht nur als Libero agiert, sondern auch als Torwart.

Ich weiß, auf was Sie anspielen. Die Leedser Mannschaft hat versucht, uns in diesem Spiel zu überrennen. Sie fuhr einen Angriff nach dem anderen. Wir kamen selbst kaum zu Chancen, standen aber in der Abwehr ganz ordentlich. Gert Heidler spielte damals zum Beispiel gegen Terry Cooper. Der agierte aber fast als zweiter Linksaußen, dadurch kam Gert selbst kaum zu Angriffen, da er mehr in der Verteidigung gefragt war. Die erste Halbzeit hatten wir gut überstanden, aber auch die zweite begann wie die erste endete - mit permanenten Angriffen der Engländer. Und nach etwa zehn Minuten versuchte unser Torwart Kallenbach einen Angriff zu stoppen, wurde ausgespielt und der Stürmer hatte freie Schussbahn. Er schoss eine Bogenlampe aufs Tor und da ich dort stand und nicht mehr mit dem Kopf herankam, habe ich den Ball eben im Stile eines Torwarts abgewehrt. Damals gab es für so eine Aktion noch keine gelbe oder rote Karte. Den fälligen Elfer verwandelten die Leedser dann aber trotzdem zur 1:0-Führung.

Mit diesem Ergebnis hatte sich Dynamo doch eigentlich eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel erarbeitet. Wäre damals auch das Weiterkommen möglich gewesen?

Das Ergebnis vom Hinspiel war wirklich ordentlich. Gerade wenn man das Chancenverhältnis betrachtet. Aber wir haben dem Sturmlauf der Leedser standgehalten. Und dies vor dem fantastischen Publikum, welches eine unglaubliche Stimmung erzeugt hat. Ich habe damals das erste Mal in England gespielt und war von diesem Publikum begeistert, dies haben wir dann später nur wieder in Liverpool erlebt. In Dresden sind wir recht zeitig mit 1:0 in Führung gegangen, mussten aber noch vor der Pause den Ausgleich hinnehmen. Trotzdem hätten wir die nächste Runde erreichen können. Aber der Torwart von United hat eine sensationelle Leistung gezeigt und unzählige Schüsse von uns gehalten. Und so sind wir durch Hans Kreische nur noch zum 2:1-Siegtreffer gekommen und mussten trotz guter Leistung ausscheiden.

In der Saison darauf war dann schon in der ersten Runde Endstation und Dresden hatte gegen Ajax kaum eine Chance, oder?

Nein, nicht oder. Wir hatten gegen Ajax Amsterdam wirklich nicht den Hauch einer Chance. Dies war die beste Mannschaft, gegen die wir je gespielt haben. An die Qualität kamen später dann auch nicht der FC Liverpool, Juve oder die Bayern heran. Aber es ist noch heute interessant, wie wir dieses Spiel angingen. Walter Fritzsch hat damals schon unsere Gegner vorher beobachtet und so kam er auch von einem Spiel aus Amsterdam zurück, zeigte uns einen seiner bei uns so beliebten, eigenhändig gedrehten Filmmitschnitte und gab die Devise aus, dass wir nach Amsterdam fahren, um dort zu gewinnen. Aber wahrscheinlich hat er ein anderes Spiel gesehen. Denn wir hatten nicht die Spur einer Chance. Die Holländer waren gespickt mir Spielern ihrer Nationalmannschaft, wie Blankenburg, Neeskens, Haan, Keizer und natürlich Cruyff. Schon zur Halbzeit stand es 2:0 für Ajax. In der zweiten Hälfte kam Peter Meyer für den verletzten Kallenbach ins Tor. Ich war mit Kalle zusammengestoßen und dabei hat er sich am Auge verletzt und hat nicht mehr richtig sehen können. Peter Meyer hat dann in der zweiten Halbzeit durch Glanzparaden und eine fantastische Leistung das Ergebnis gehalten und wir sind dadurch nicht untergegangen.

Zum Rückspiel haben die Amsterdamer dann mit uns Spaß gemacht. Wir waren zwar bemüht unser Spiel aufzuziehen, so ist mir ein 30-Meter-Schuss gelungen, welcher aber nur an die Querlatte knallte. Trotzdem hatte man immer das Gefühl, dass die Ajax-Spieler noch drei Gänge hätten zulegen können und so waren wir mit dem 0:0 gut bedient.

Dieses Spiel hätte uns damals zeigen müssen, dass man sein Spiel auch ab und zu seinem Gegner oder dem Spielstand anpassen muss. Aber Walter Fritzsch hat immer voll auf Sieg und nie auf Ergebnis spielen lassen.

War diese Spielweise auch der Grund dafür, dass Dynamo bis 1989 nie ein Halbfinale oder sogar ein Finale erreichte?

Ich denke schon. In unserer Cup-Geschichte lassen sich dafür viele Beispiele finden. Angefangen von der knappen Niederlage in München. Dort hatten wir schon 1:0 und dann zur Halbzeit 3:2 geführt. Ich denke, dass Walter Fritzsch damals die Mannschaft hätte umstellen müssen und so wäre mindestens ein Unentschieden möglich gewesen. Aber auch die Niederlage in Hamburg war ähnlich. Damals sind wir auch zum HSV gefahren, um dort zu gewinnen und dann stand es schon zur Halbzeit 4:1 für die Hamburger. Da ist Walter Fritzsch zur Halbzeit in die Kabine gekommen und hat von der Tür aus, seine Kamera quer durch den Raum geschmissen und hat uns „rund“ gemacht. Aber wir waren damals immer voll offensiv eingestellt und gerade dort ging es voll nach hinten los. Auch in den darauffolgenden Jahren gab es immer wieder Spiele, bei denen wir durch taktisches Geschick nicht hätten ausscheiden müssen. Ich denke da zum Beispiel an die beiden Begegnungen gegen den FC Zürich und gegen Austria Wien.

1978 im Rückspiel gegen Partizan Belgrad ist Ihnen ein ganz besonderer Treffer gelungen. Können Sie Sich daran noch erinnern?

Die beiden Spiele gegen die Belgrader waren sehr intensiv. Im Hinspiel hatten wir Glück, dass bei Stand von 2:0 für die Jugoslawen die Flutlichtanlage ausfiel und so hatten wir noch ein Ergebnis erzielt, dass fürs das Rückspiel hoffen ließ. Dieses Spiel fing schon vor dem Anpfiff an, seine ganz spezielle Würze zu bekommen. Eigentlich war ausgemacht, dass wir in unseren Stammfarben Gelb-Schwarz auflaufen würden und die Belgrader ganz in Weiß. Aber die haben sich kurzfristig entschieden, mit weißen Hemden und schwarzen Hosen aufzulaufen. Und da es damals noch viel schwarz-weiß Fernsehen gab, entschied der Schiedsrichter, dass wir andere Trikots anziehen mussten. Und so durften wir dann in weinroten Hemden, weißen Hosen und gelben Stutzen auflaufen. Das ganze Spiel war dann sehr kampfbetont und mein 1:0 schon in der 8. Minute hat dazu noch beigetragen. Wir waren im Angriff und ich bin bis zur Grundlinie durchgelaufen. Von dort habe ich eine Eingabe in den Strafraum gebracht, welche vom Partizan-Torwart abgefangen wurde. Dieser legte dann den Ball vor sich, lief bis zur 16er-Linie und da habe ich mich von hinten herangeschlichen, habe ihm den Ball weggespitzelt und zum 1:0 vollendet. Der Torwart hat dann noch versucht auf Foul zu spielen, ich hatte ihn aber gar nicht berührt und zum Glück ist der Schiri auch nicht darauf reingefallen. Später hat Gerd Weber noch das 2:0 erzielt und so hatten wir dann das Hinspiel ausgeglichen. Im Elfmeterschießen hatte ich zwar den ersten Strafstoß an den Pfosten gesetzt, trotzdem haben wir dieses Duell für uns entschieden und sind in die nächste Runde eingezogen.

Sie haben 65 Spiele im Europa-Pokal bestritten, welche waren Ihrer Meinung nach die Besten?

Wir haben viele gute und sehr gute Spiele abgeliefert. Aber drei Spiele möchte ich besonders hervorheben. So als erstes das 4:0 gegen Ferencvaros Budapest. An diesem Tag hatten die Ungarn nicht die Spur einer Chance gegen uns. Auch das Rückspiel 1984 gegen Malmö möchte ich hier nennen. Damals hatten wir im Hinspiel in Schweden mit 2:0 verloren und mussten voll auf Risiko gehen, um noch weiterzukommen. Wir haben dann schon Mitte der zweiten Halbzeit mit 4:0 geführt, haben dann zwar noch kurz vor Schluss das 1:4 hinnehmen müssen. Trotzdem ist nichts mehr angebrannt. Auch in der nächsten Runde haben wir ein sehr gutes Spiel abgeliefert. Unser Gegner war damals der FC Metz. Im Hinspiel hatten wir sehr schnell durch ein Eigentor mit 1:0 zurück gelegen, haben dieses Spiel dann aber noch 3:1 gewonnen. Und so hatten wir eine recht gute Ausgangsposition für das Rückspiel. Viele haben damals unseren französischen Gegner unterschätzt und gedacht, dass wir einfach und leicht in die nächst Runde einziehen werden. Das Spiel in Metz war dann für uns sehr untypisch, aber trotzdem eines unserer besten. Wir haben dort eine sehr geschlossene, kämpferische Leistung erbracht. Man merkte über das ganze Spiel, dass es für uns sehr schwer geworden wäre, wenn den Spielern des FC Metz das 1:0 gelänge wäre. Wir haben dort eine sehr gute Abwehrarbeit geleistet, bei der alle Mannschaftsteile ihren Anteil hatten. Am Ende das Spiel wäre uns dann fast noch der Siegtreffer gelungen. 

Ihre große Europapokal-Zeit haben Sie mit dem denkwürdigen Spiel in Uerdingen beendet. Wie sehen Sie dieses Spiel aus heutiger Sicht?

Im Hinspiel haben wir in einem sehr intensiven Spiel, bei sehr schlechtem Wetter am Ende verdient mit 2:0 gewonnen und hatten uns dadurch eine sehr gute Ausgangsposition fürs Rückspiel erarbeitet. Schon die erste Halbzeit in der Grotenburg-Kampfbahn verlief für uns sehr glücklich. Ralf Minge hat uns gleich in der ersten Minute mit 1:0 in Führung geschossen, aber relativ schnell mussten wir dann den Ausgleich hinnehmen. Die Uerdinger hatten dann einige Chancen. Zum Schluss dieser ersten 45 Minuten, stand es auch dank eines Eigentores 3:1 für uns. Was danach ablief war eine Katastrophe und dies möchte ich nie wieder erleben. Und noch heute ist dies schwer zu erklären, denn man denkt schnell daran, dass dieses Spiel „verkauft“ worden wäre. Aber das alles hatte mehrere Gründe. So zum ersten die Verletzung unseres Torwarts Bernd Jakubowski. Unser Ersatzmann Jens Ramme hatte damals noch nicht ein Spiel in der ersten Mannschaft absolviert, aber an ihm hat es an diesem Tage wirklich nicht gelegen. Des Weiteren ist auch der ungarische Schiedsrichter Nemeth in den zweiten 45 Minuten gekippt und in unserem Team ab es nicht einen, der sich gegen diese Niederlage wehren konnte.

Als wir dann am nächsten Tag in Dresden auf dem Flughafen landeten, habe ich das erste Mal erlebt, dass einige Fans uns mit Trauerflor erwarteten. Und es war in den Tagen danach nicht angenehm durch Dresden zu laufen. Ich hatte zum Beispiel am nächsten Tag mit einigen Mitspielern eine Fan-Veranstaltung in der Brauerei Radeberg. Da waren wir allein, niemand wollte uns sehen. Aber dies war ja verständlich.   

 

Impressionen der Europapokalsaison 1970/71

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