Wie es sich anfühlt in den Fängen der Staatssicherheit zu sein, mussten die drei ehemaligen Dynamo-Spieler Gerd Weber, Matthias Müller und Peter Kotte am eigenen Leib erfahren. In den 1970er Jahren gehörten sie zu den Stammkräften im Profikader von Dynamo, gewannen drei Meisterschaften und einen Pokalsieg. Doch 1981 war von einem Tag auf den anderen Schluss: Vor einer geplanten Argentinien-Reise der DDR-Nationalmannschaft wurden die drei am Flughafen Berlin-Schönefeld von Mitarbeitern der Stasi abgeholt. Der Vorwurf: Geplante Republikflucht. Auch wenn sich dieser nie belegen ließ, durften Weber, Müller und Kotte anschließend nie wieder Profifußball in der DDR spielen. Im Interview sprechen die drei über ihre Erfahrungen und wie sich ihr Leben seitdem verändert hat.
Was ging Euch durch den Kopf, als Ihr am Flughafen abgeholt wurdet?
Kotte: Ich wusste zunächst gar nicht, was los ist. Uns wurde nur gesagt, dass es Probleme in Dresden gäbe. Wir durften die gesamte Fahrt dorthin kein Wort wechseln und haben uns schon Gedanken gemacht.
Weber: Ich wusste sofort, dass es mit dem Kontakt zu tun hatte der nach den Auswärtsspielen in Lüttich und Enschede geknüpft wurde. Dort kamen Verantwortliche eines Westvereins auf uns zu. Doch ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen, bin in Dresden geblieben. Die Tragweite dieses Treffens habe ich wohl unterschätzt. Dass ich deswegen ins Gefängnis komme, hätte ich nie gedacht
Müller: Da waren absolute Leere und Unverständnis. Als Grund wurden uns familiäre Probleme genannt, doch das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, deswegen war ich total verblüfft.
Wie habt Ihr die darauffolgende Zeit bei den Verhören bzw. im Gefängnis erlebt?
Weber: Es ist eine Zeit, an die ich nur äußerst ungern zurückdenke. Ich kann nur allen sagen, dass das, was ich dort erlebt habe, unwürdig war und dass ich das niemanden wünsche. Wenn ich kein Ziel vor Augen gehabt hätte, wäre ich untergegangen. Doch ich habe fest an mich geglaubt, dass ich das schaffe.
Müller: Uns war gar nicht bewusst, was man uns vorwirft. Ich hatte nichts getan und trotzdem wurde ich wie ein Landesverräter behandelt. Der Druck war auf vielen Seiten enorm hoch, sei es familiär, beruflich oder einfach durch die langen Verhöre. Mit der Zeit wurde immer klarer, dass das nicht glimpflich ausgehen wird.
Kotte: Wir waren in Einzelzimmern untergebracht, durften uns nicht sehen. Ich habe nur immer wieder gedacht: ‚Das wird sich schon klären, ich habe ja nichts verbrochen‘.
Die erhobenen Vorwürfe konnten nie belegt werden. Dennoch durftet Ihr nie wieder Profifußball in der DDR spielen. Wie geht man mit dieser Diskriminierung seitens des Systems um?
Müller: Das war für mich sehr schwer, gegen Ungerechtigkeit war ich allergisch. Ich war unbequem, kein Parteimitglied und habe mich auf nichts eingelassen. Nach dem Vorfall wurde ich zur Armee eingezogen, musste unglaublich kämpfen, um das Studium beenden zu dürfen. Dabei mit mir selbst klarzukommen, war hart. Das ist heute unvorstellbar.
Kotte: Ich habe mein Leben lang gern für Dynamo gespielt. Das war mein Traum seit der Jugend, der da zusammengebrochen ist. Das war nicht einfach. Ich war wütend auf die Entscheidungsträger und auch enttäuscht vom Verein, aber so war damals das System und Dynamo konnte da auch nichts machen.
Weber: Es wurde als Vergehen gegen den Staat ausgelegt. Diese Gesetze gab es nun mal in der DDR. Ich wusste, was auf mich zukommt. Dennoch ging mir stets durch den Kopf: ,Ich habe nichts gemacht.‘
Das gesamte Interview ist im Dynamo-KREISEL zum Heimspiel gegen den SC Preußen Münster abgedruckt.
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