Bibiana Steinhaus hat nach dem Supercup ihre Karriere als Schiedsrichterin beendet. Die 41-Jährige, die als erste deutsche Spielleiterin im Herren-Profifußball zum Einsatz kam, macht nach 12 Jahren Schluss, wird aber weiterhin als Videoassistentin im Kölner Keller arbeiten.Die Polizeibeamtin leitete insgesamt neun Partien mit Dynamo-Beteiligung, in denen die SGD vier Siege, vier Remis und eine Niederlage vorzuweisen hat. Davon werden die Dynamo-Fans vor allem ein Spiel aus dem Jahr 2014 in bleibender Erinnerung behalten haben, als Sylvano Comvalius nach seinem Siegtreffer im Derby gegen den Chemnitzer FC wegen seinem Jubel ohne Trikot auf der Tribüne die Gelb-Rote Karte von Steinhaus gezeigt bekam.
Wir haben mit Nils Teixeira, der an diesem denkwürdigen Mittag als Kapitän der SGD auf dem Platz stand, über diesen verrückten Moment gesprochen und ihn zum Abschied von Bibiana Steinhaus als Schiedsrichtern befragt.
Welche Erinnerungen verbindest du mit Bibiana Steinhaus als Schiedsrichterin, Tex?
Souveränität, Sympathie und Leidenschaft für den Fußball. Bibiana Steinhaus hat einfach etwas ausgestrahlt, wenn sie auf den Platz gelaufen ist. Sie hatte immer ein Lächeln im Gesicht und hat mit einem nie von oben herab geredet, wie das bei manch anderem ihrer männlichen Kollegen leider der Fall war. Auch vor und nach den Spielen war sie sehr sympathisch. Ich persönlich habe mich immer gefreut, wenn sie eines meiner Spiele gepfiffen hat.
{media-left}Sie hat entgegen aller Widerstände als erste Schiedsrichterin im Profi-Fußball eine große Karriere hingelegt. Ringt dir das Anerkennung ab?
Auf jeden Fall. Schiedsrichter allgemein – egal, ob Frauen oder Männer – haben es so schon extrem schwer und es wird gefühlt immer schwieriger. Und sie stand als erste Frau, die dort oben angekommen ist, nochmal doppelt und dreifach unter Druck. Aber sie hat das mit ihrem Charakter und als toller Typ Mensch souverän gemeistert. Mit ihr konnte man nach dem Spiel auch herrlich ehrlich über die Partie reden. Sie hat mit ihrer Art und ihrer Ausstrahlung in all den Jahren viele Zweifler in die Tasche gesteckt.
Du standest im September 2014 bei einem sehr kuriosen Spiel unter der Leitung von Bibiana Steinhaus als Dynamo-Kapitän auf dem Platz, als Sylvano Comvalius nach seinem Siegtreffer gegen den Chemnitzer FC wegen Trikot-Aussziehens und dem anschließenden Jubel im Block die Gelb-Rote Karte gezeigt bekam. Welche Erinnerungen hast du an diese verrückte Situation?
Erst mal war das ein richtig geiles Tor zum perfekten Moment. Da sind im Derby natürlich die Emotionen eskaliert und Sylvano stürmt oberkörperfrei auf die Tribüne zu (lacht). Und in dem Moment ahnte ich schon: Das wird wohl gleich irgendwelche Folgen haben. Nach der gelb-roten Karte bin ich dann zu Bibiana gegangen und fragte nur: ‚Warum?‘. Und sie antwortete in einem ganz ruhigen, freundlichen Ton: ‚Das sind halt leider die Regeln.‘ Und dagegen hat man auch keine Argumente, weil es stimmt.
Inwiefern?
Sie hat sich in dieser Situation einfach an ein Regelbuch gehalten, was eben genau ihr Job war und kann deshalb für diese, in meinen Augen, unnötige Doppelbestrafung ja nichts. Sylvano hat in dieser Situation seinen Emotionen freien Lauf gelassen, wovon der Fußball meiner Meinung nach auch lebt, und auch niemandem dabei geschadet. Deshalb finde ich die Strafe zu hart. Aber die Szene ist heute ja irgendwie auch gerade deshalb Kult und am Ende haben wir ja dann auch das Spiel mit 1:0 gewonnen. Das war das Wichtigste an diesem Tag.
Hast du in deiner gesamten Karriere schon mal etwas Vergleichbares erlebt?
(lacht) Nein, definitiv nicht. Ich fand die Aktion an sich so überragend. Das ist kaum zu toppen. Erst dieses Hammertor im Derby, dann der Jubel mit den Dynamo-Fans mitten im Block und schließlich der Platzverweis. Alles in einer einzigen Szene. Weltklasse!
{media-right}Was würdest du Bibiana Steinhaus zum Abschied als Schiedsrichterin gerne mitgeben?
Dass sie einfach genau so bleiben soll, wie sie ist. Ich wünsche ihr auf ihrem weiteren Weg als Assistentin im Videokeller in Köln ein genauso gutes Auge und Händchen wie sie das über so viele Jahre hinweg auf dem Platz immer wieder gezeigt hat und vor allem auch privat nur das Beste. Sie ist jemand, der den allergrößten Respekt der Fußball-Branche verdient, weil sie erst Mauern eingerissen hat und heute völlig zurecht Vorbild für viele junge Schiedsrichterinnen ist.
Zum Abschluss noch eine Frage zu deiner Zukunft nach deiner Rückkehr zum Bonner SC. Was nimmst du dir bei deinem Heimatverein vor?
Zuallererst werde ich natürlich versuchen der Mannschaft bestmöglich zu helfen und so viele Spiele wie möglich zu machen. Durch die ganze Corona-Geschichte muss man erst einmal wieder lernen, den Fußball zu genießen. Am Ende will ich natürlich sportlich alle Ziele mit dem Bonner SC in dieser Saison erreichen und mich so langsam auf das Leben nach dem Fußball vorbereiten.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Tex, und bestes Gelingen in der alten Heimat. Wir sehen uns in Dresden!
Interview: Henry Buschmann
Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.