Verein
27. Februar 2022 // 12.30 Uhr

„Tradition verpflichtet“

Dieter Riedel mit der ersten von drei Retro-Boxen. | Foto: Dennis Hetzschold

Interview mit Ehrenspielführer Dieter Riedel


335 Spiele für die SG Dynamo Dresden, allein 46 davon im Europapokal: Ehrenspielführer Dieter Riedel hat den Verein geprägt wie nur wenige. Im exklusiven Dynamo-Interview spricht er über Tradition, die erfolgreiche Ära in den Siebzigerjahren und ein ganz besonderes Trikot.Herr Riedel, erinnern Sie noch, wo Sie am 3. Oktober 1979 waren und was verbinden Sie mit diesem Tag?

Na klar! Daran erinnere ich mich noch sehr gut! Es war Frühherbst und in Dresden stand das Rückspiel im Europapokal gegen AtléticoMadrid an. Nach dem 2:1-Auswärtssieg im Hinspiel, konnten wir die Partie aus einer guten Ausgangslage heraus angehen. Wir waren von Anfang an überzeugt, dass wir auch dieses Spiel gewinnen können. Dass es allerdings ein solch klares Ergebnis werden würde, hatte keiner erwartet, zeigte aber einfach auch die Klasse der damaligen Dynamo-Mannschaft.

Der 2:1-Hinspielerfolg bei Atlético sorgte für großen Rückenwind für das Rückspiel vor eigenem Publikum. Mit 3:0 warf man die Madrilenen aus dem UEFA-Cup. War es so einfach, wie es letztlich aussah?

Man muss festhalten, dass AtléticoMadrid schon damals eine spanische Spitzenmannschaft war, genau wie Real Madrid und der FC Barcelona. Wir waren überglücklich über den Ausgang der Partie und das Erreichen der nächsten Runde im Europapokal. Bedingt durch den Hinspielsieg waren wir aber auch voll fokussiert und sind mutig ins Rückspiel gegangen. Wir haben von Anfang an Druck aufgebaut und Atléticokaum zur Entfaltung kommen lassen. Auch wenn Madrid nach unserer 1:0-Führung in der 21. Minute etwas Aufwind bekam, haben wir es weiter gut gemacht. Durch die zwei Treffer von Gerd Weber (37. & 46. Minute, Anm. d. Red.) war das Spiel dann im Grunde recht früh klar entschieden.

{media-left}Wenn Sie die Tore ansprechen: Sie trafen nach mustergültiger Vorarbeit von Matthias Müller nach 21 Minuten zum 1:0 – und das aus äußerst spitzem Winkel. Was war das für ein Gefühl, als der Ball dann im Netz zappelte und wie haben Sie diesen Moment erlebt?

Der Ball war schon fast im Aus (lacht). Das Zusammenspiel mit Matthias Müller hat sehr gut funktioniert und er spielte mich schön frei. Ich war dann fast auf der Grundlinie und der Torhüter machte die kurze Ecke auf. Das habe ich gesehen und den Ball hineingeschoben – als Fußballer sollte man ja immer den Kopf oben behalten. Dieser Moment war natürlich ein sehr schöner – auch wenn das Netz letztlich nur ganz leicht zappelte.

Sie haben insgesamt 335 Spiele für die Sportgemeinschaft bestritten, davon allein 46 im Europapokal. Welchen Stellenwert haben Dynamos internationale Begegnungen wie diese im Rückblick auf Ihre großartige Karriere?

Wir haben die Zeit damals sehr genossen. 1967 habe ich als 20-Jähriger mein erstes Europapokalspiel gegen die Glasgow Rangers bestritten. Da dachte ich mir schon: ‚Was ist denn hier eigentlich los? Jetzt spielst du international!‘ Zwar hatten wir davor schon Spiele im Intertoto-Wettbewerb gespielt – aber der Messe-Cup, später auch der Pokal der Landesmeister und der UEFA-Cup, das war schon etwas Besonderes. Unter Trainer Walter Fritzsch begann dann die erfolgreiche Ära der Siebziger Jahre. Wir waren praktisch jedes Jahr international vertreten. Dort haben wir Erfahrung sammeln können, was die Basis dafür war, so viele Europapokalspiele bestreiten zu können. Wir waren sogar zweimal im Viertelfinale. Leider haben wir mit dieser tollen Mannschaft nie ein Halbfinale oder ein Endspiel erreichen können.

Woran könnte das gelegen haben?

{media-right}Im Fußball entscheiden oft Kleinigkeiten. Vielleicht hat uns trotz der hohen Qualität doch noch der ein oder andere überragende Mann in der ohnehin schon sehr, sehr gut bestückten Mannschaft gefehlt. Wir waren dennoch nicht umsonst über die Grenzen der DDR hinaus bekannt. Deutschlandweit und auch international haben wir gemerkt, dass die Gegner großen Respekt vor uns hatten. Das war praktisch bis zur Wende so.

Hatten Sie auch einmal die Möglichkeit, den Verein zu wechseln? Oder anders gefragt: Wieso blieben Sie der SGD immer treu?

Warum sollte man als Aktiver wegrennen? Man hatte eine hervorragende Mannschaft. Den Verein haben wir geliebt und wir hatten Erfolg – national wie international – da geht man nicht weg. Natürlich gab es auch Anfragen. Doch darüber habe ich mehr geflachst, als dass ich es wirklich in Erwägung gezogen hätte. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich hatte nie die Absicht den Verein zu verlassen. Auch die Familie spielte dabei eine Rolle. Ich hatte noch zwei Kinder, die nicht volljährig waren. Das war auch die Pflicht des Vaters, dort immer als Obhut dabei zu sein.

Nun zu einem „ganz besonderen Stoff“: Traditionspflege und die Erinnerung an die großen Erfolge sind seit jeher ein wichtiger Faktor bei der SGD. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie dieses Retro-Trikot sehen?

Man ist nicht vergessen. Das ist das Schöne. Man lebt weiter inmitten von „Schwarz-Gelb“, auch wenn man nicht mehr aktiv ist. Was traurig ist, ist das hier: Die ersten Beiden (zeigt auf einem Foto auf Kapitän Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner und Torhüter Bernd Jakubowski, Anm. d. Red.) sind nicht mehr unter uns. Das ist leider der Lauf der Dinge. Dennoch ist man rückblickend stolz auf das, was man erlebt hat. Noch heute gehe ich mit fast 75 Jahren durch die Stadt und werde erkannt und angesprochen. Da hat man die Pflicht stehenzubleiben und sich mit den Leuten zu unterhalten. Das mache ich auch gerne. Man gerät nicht in Vergessenheit und das ist das Schöne.

{media-left}Mit Blick auf das aktuelle Geschehen: Wenn Sie nun heute die AOK PLUS Walter-Fritzsch-Akademie sehen, finden der SGD-Nachwuchs und auch die 1. Männermannschaft hervorragende Bedingungen vor. Inwieweit ist das vergleichbar mit dem, was Sie in Ihrer aktiven Zeit vorgefunden haben?

Als ich nach Dresden kam, waren die Bedingungen ganz andere. Es gab im Grunde genommen nicht einmal einen Rasenplatz. Wir hatten das Feld im Dynamo-Stadion und zwei Hartplätze. Wenn wir einmal die Möglichkeit hatten in den Blühergarten zu gehen, haben wir dann zwischen den Bäumen gespielt und haben uns vorgestellt, wir hätten einen „Rasenplatz“ unter den Füßen (lacht). Hier und da sind wir auch mal ins Ostragehege gefahren und haben dort auf einem Rasen trainieren können. Mit der heutigen Zeit ist das gar nicht mehr zu vergleichen. Aber es ist schön, dass solche Rahmenbedingungen geschaffen worden sind. Dabei gilt ein besonderer Dank insbesondere auch Ralf Minge, welcher sehr darum gekämpft hat, so etwas auf die Beine stellen zu können. Und wir haben ja auch alle Träume, so wie es im Leitbild steht. Damit ist eine Basis dafür da.

Sie sind der Sportgemeinschaft auch nach Ihrer Laufbahn als Fußballer stets treu und in vielen Funktionen erhalten geblieben. Zudem sind Sie Ehrenspielführer und Ehrenmitglied der SGD. Was macht für Sie dieser besondere Verein aus?

Man muss eigentlich in zwei Phasen unterscheiden. Einmal als Spieler bis 1981, als ich mit 34 Jahren meine aktive Laufbahn beendet habe und dann als Trainer, wo ich weiter im Verein tätig sein und meine Erfahrung weitergeben konnte. Mit der Wendezeit begann dann ein neues Zeitalter. Die Mannschaft fiel sozusagen auseinander. Plötzlich waren wir eine Art Spielball des Profifußballs des Westens. Aber durch den Bekanntheitsgrad von Dynamo haben wir anfangs dennoch Bundesliga gespielt. Dann folgte eine bittere und verlorene Zeit nach dem Zwangsabstieg. Doch bis heute wird die Tradition verkörpert. Das macht den Verein aus. Tradition verpflichtet allerdings auch. Sie verpflichtet dazu, immer wieder Leistung zu bringen. Wichtig sind dabei auch die Fans. Es ist zu wünschen, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer schon bald wieder in Strömen ins Stadion kommen dürfen.

Vielen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch, Herr Riedel.

Interview: Eric Ranninger

Für alle Interessierten: Es gibt noch einige wenige der streng limitierten ersten Retro-Box. Diese gibt es im Dynamo-Fanshop und auch online zu kaufen. Greift zu! 

Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.


 

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