Verein
27. Juli 2021 // 10.55 Uhr

„Das war ein absoluter Gamechanger“

Für Michael Hefele war die Aufstiegssaison 2015/16 mit der SGD die emotionalste Zeit seiner Karriere. | Foto: Steffen Kuttner

Interview mit Ex-Dynamo Michael Hefele zu seinem Karriereende


Er war der Aufstiegskapitän, der die SGD im Jahr 2016 in unnachahmlicher Manier zur Drittliga-Meisterschaft und bis ins Achtelfinale des DFB-Pokals führte. Als absoluter Publikumsliebling verließ Michael Hefele die Sportgemeinschaft danach schweren Herzens und sorgte in England mit Huddersfield Town für Furore.Am Sonntag erklärte der 30-jährige Fußball-Profi, der seit 2018 bei Nottingham Forest unter Vertrag stand, aufgrund einer schweren Knieverletzung offiziell sein Karriereende und kehrte umgehend als Markenbotschafter nach Huddersfield zurück. Bei den „Terriers“ beginnt er nun parallel eine Ausbildung zum Trainer.

Wir haben mit dem ehemaligen Dynamo-Mentalitätsmonster telefoniert, um mit ihm über den großen Schritt seines Karriereendes zu sprechen.

In einem emotionalen Interview erklärt ‚Hefe‘, was seine Beweggründe waren und blickt noch einmal auf seine großartige Zeit als Fußballer bei der SGD, aber auch auf der Insel zurück.

Wo erreichen wir dich, Hefe?

Ich bin gerade in Nottingham, beziehungsweise auf dem Weg nach Huddersfield.

{media-left}Du hast am Sonntag dein Karriereende erklärt. Was waren die Gründe für diesen Schritt?

Ich habe mir im Dezember in einem Zweikampf noch einmal mein Knie verdreht und habe seither einfach zu große Schmerzen, um weitermachen zu können. Deshalb habe ich im März schweren Herzens den Entschluss gefasst, meine aktive Karriere zu beenden.

Du bist als Fußballprofi über viele Jahre hinweg körperlich über gewisse Grenzen hinausgegangen. Dafür bezahlt man als Profisportler einen hohen Preis, worüber selten in der Öffentlichkeit gesprochen wird. War es das alles für dich trotzdem wert?

Auf alle Fälle, zu 100 Prozent. Ich würde alles immer wieder genauso machen. Auch jetzt wollte ich eigentlich noch mal über den Schmerz drüber gehen, obwohl alle Professoren, Doktoren und Spezialisten abgeraten haben. Am Ende des Tages musste ich aber einfach doch auf meinen Körper hören. Wer mich kennt, weiß, dass ich meinen Körper nicht schone, weil ich ein Kämpfer bin und Fußball für mich alles ist. Wegen kleineren bis größeren Wehwehchen würde niemals ein ‚Es geht nicht‘ aus meinem Mund kommen. So etwas gibt es in der Familie Hefele nicht.

Kann man es also so ausdrücken, dass dein Knie einfach kaputt ist und nichts mehr geht?

Genau, so könnte man es sagen, ohne jetzt näher darauf einzugehen.

{media-right}Dein Körper hat sich schon zu deiner Dresdner Zeit immer mal wieder gemeldet. Wie viel mentale Kraft hat es dich in den letzten Jahren gekostet, trotz Schmerzen als ständiger Begleiter auf so einem hohen Niveau zu spielen?

Mentalität und Wille waren eigentlich oft das Einzige, was mich in vielen Situationen über Wasser gehalten hat. Auch in der Aufstiegssaison in Dresden gab es beispielsweise einige Momente, in denen ich nicht hätte spielen sollen, weil ich zu große Schmerzen hatte und Schmerztabletten meine treuen Wegbegleiter waren. In der Aufstiegsspielzeit mit Huddersfield bin ich die letzten zwei Monate mehr oder weniger mit Löchern in der Achillessehne aufgelaufen. Aber da kannst du ja nicht einfach so aufhören zu spielen. Das hätte ich mir später nicht verzeihen können.

Wie groß waren die Schmerzen?

Gerade mit der Achillessehne bin ich über Grenzen gegangen, über die man nicht unbedingt drüber gehen sollte. Wenn man selbst mit Schmerztabletten zugeballert noch humpelt und das Einzige, was noch hilft, das Adrenalin von ‚God Save the Queen‘ 30 Sekunden vor Anpfiff des Aufstiegsendspiels im restlos ausverkauften Wembley-Stadion ist, kann man sich glaube ich vorstellen, wie groß die Schmerzen waren.

Als du damals nach Dresden gekommen bist, haben einige bezweifelt, dass du überhaupt Drittliga-tauglich bist. Wie viel Genugtuung empfindest du heute, wenn du auf deine Fußball-Karriere zurückblickst?

Naja, Genugtuung mit Sicherheit auch, aber es geht viel mehr darum, den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass wenn man wirklich will, hart arbeitet und sein ganzes Herz reinhaut, so ein Wunder schaffen kann. Völlig unabhängig davon, was Andere über dich sagen oder denken. Geh deinen eigenen Weg – und das mit voller Überzeugung! Mit 24 war ich ja mehr oder weniger schon ‚totgeglaubt‘ und war mit Wacker Burghausen aus der 3. Liga abgestiegen. Trotzdem habe ich immer weiter an mein großes Ziel geglaubt, irgendwann in der Premier League zu spielen. Ich bin das beste Beispiel dafür, dass alles im Leben möglich ist. Ich kam aus dem Nichts und konnte den Weg bis nach ganz oben schaffen. Darauf bin ich stolz.

{media-left}Wie wichtig war auf diesem Weg die erste Saison bei Dynamo, in der du nicht ganz unumstritten warst?

Das erste Jahr war sehr wichtig für mich, um zu erfahren, was es überhaupt heißt, bei Dynamo Dresden Fußball zu spielen. Dabei habe ich beide Seiten der Medaille kennengelernt. Gerade auch den Druck, wenn es mal nicht so läuft. Zu diesem Zeitpunkt hat es vorne und hinten gebrannt und dabei ein Sündenbock zu sein, war für mich neu. Damit musste ich erst einmal lernen umzugehen.

Dann kam Uwe Neuhaus und machte dich zum Ende der Sommervorbereitung zum Kapitän. War das ein Schlüsselmoment in deinem Leben?

Als Uwe kam und in mir etwas gesehen hat, war das natürlich ein absoluter Gamechanger für meine Entwicklung. Ich habe immer gewusst, dass ich das draufhabe und er hat das quasi mit seinem Vertrauen bestätigt und mir geholfen, mich weiterzuentwickeln. Deshalb bin ich ihm und auch Dynamo Dresden unglaublich dankbar. In der Saison sind wir ja dann im Prinzip durchmarschiert und es gab niemanden, der uns das Wasser reichen konnte.

Ab dem Zeitpunkt als du Kapitän wurdest, hast du mit deiner Art alle im Verein mitgerissen und bist im wahrsten Sinne des Wortes vorwegmarschiert. Was war rückblickend dein schönster Dynamo-Moment?

Unsere Aufstiegssaison ist für mich nach wie vor emotional das Größte, was ich erleben durfte. Wenn ich mich an die Zeit zurückerinnere, kommt mir nach wie vor ein riesiges Lächeln ins Gesicht und eine unbeschreibliche Wärme in den Körper. Verbunden natürlich auch mit einem kleinen weinenden Auge, weil es so eine schöne Zeit war und man gerne noch einmal dort sein würde. Nicht nur Dynamo Dresden, sondern vor allem auch die Stadt, die ganzen lieben Menschen, die ich kennenlernen durfte, und diese ganz besonderen Fans bedeuten mir unglaublich viel. Das ist für mich am geilsten, besten und größten in meiner Karriere einzuschätzen. Der Aufstieg mit Huddersfield in die Premier League war natürlich sportlich noch einmal ein ganz anderes Kaliber. Aber von den Emotionen und der menschlichen Seite, war Dresden etwas Einmaliges. Und wird es immer bleiben.

{media-right}Wie blickst du heute auf deinen ‚Assist‘ für Ciro Immobile im Achtelfinale des DFB-Pokals 2014/15 gegen Borussia Dortmund zurück? Immerhin ist er als einer der besten Stürmer Italiens mittlerweile Europameister…

(lacht) Das ist ein Moment, bei dem man heute noch die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, der aber auch sinnbildlich für meine Karriere ist. Ganz nach dem englischen Sprichwort ‚Fall down seven times, stand up eight times‘ muss man solche Dinge abhaken und daraus anschließend stärker wieder hervorgehen. Am Ende des Tages musste damals auch jemand diesen Ciro hier in Deutschland willkommen heißen. Er hatte einen schweren Stand bei Dortmund und da wollte ich ihm einfach ein bisschen Selbstvertrauen schenken, weil ich selbst genug davon habe. (lacht) Ich hätte damals vor Wut weinen können, aber auch solch eine bittere Stunde gehört im Rückblick zu meiner Karriere.

Kommen wir zum größten Moment deiner Karriere: In Wembley waren im Sommer 2017 Mitarbeiter von Dynamo und vom Fanshop vor Ort in London, ehemalige Mitspieler wie Giuliano Modica, deine Familie in Tracht und zahlreiche Freunde. Nimm uns mal mit zu diesem unglaublichen Erlebnis …

Da kommen mir jetzt schon nur bei dem Gedanken daran die Tränen… (Lange Pause) Das war das Allergrößte für mich. (weint) Ich habe mir das schon als kleiner ‚Hosenscheißer‘ gewünscht, wenn ich vor unserem Haus Fußball gespielt habe: Vor einer ganz großen Bühne ein wichtiges Spiel, bei dem es um richtig was geht, spielen zu dürfen. Da war für mich auch kein Druck, sondern eher pure Erleichterung, da dabei sein zu dürfen. Das Stadion randvoll, 50 Leute von mir da, die teilweise extra ganz weit angereist sind. Meine Eltern in der Tracht zu sehen, meine Geschwister hinter mir zu wissen und dann auch noch das Ding zu reißen, war das absolut Größte. (Stimme bricht unter Tränen ab…)

Wahnsinn! Diese Erfahrung nimmt dir keiner mehr. Das war ein unfassbar großer Moment …

Die Stimmung war richtig geil, es geht um so viel und am Ende kriegst du die Trophäe und darfst in einem Stadion wie Wembley hoch auf die Tribüne und feiern. Und im Anschluss wirst du mit Liebe nur so überschüttet. 40.000 singen nach dem Spiel deinen eigenen Song – das alles war unfassbar und unbeschreiblich. Ich weiß nicht, ob man das Ausmaß irgendwann überhaupt mal verstehen kann.

{media-left}Wie oft schaust du dir die Videos von diesem Tag heute noch an?

Das Spiel habe ich mir bis heute noch gar nicht wieder angeschaut, weil das für mich zu aufregend ist, obwohl ich weiß, wie es ausgeht. Da habe ich einen Herzschlag von 300. (lacht) Die Zeremonie, das Feiern und die Fans habe ich mir schon öfter angesehen, weil mich das einfach mit so einem Stolz erfüllt und mich glücklich macht. Was ich mir übrigens immer mal wieder sehr gerne in guten und auch schlechten Zeiten anschaue, ist unser Aufstiegsfilm von Dynamo Dresden. Der Film „Das ist unser Leben“ ist fantastisch und dieser Lebensabschnitt war für mich so wichtig. Ich kann es nicht oft genug betonen, dass ich für immer mit Dynamo Dresden verbunden und froh bin, für so einen großen Verein eine Seite mit gefüllt zu haben.

Deinen Imagewandel auf Instagram verfolgen natürlich viele Menschen. Du bist dort jetzt ‚Weltbürger, Model und Restaurant-Tester‘. Was steckt dahinter und was hast du für den zweiten Weg deiner Karriere geplant?

Dieser Michael Hefele bin ich schon immer. Ich habe das bis jetzt nur nicht öffentlich geteilt, weil ich eigentlich nicht so wirklich der Typ dafür bin. Aber wie das ganze jetzt so gelaufen ist, habe ich mir gedacht, dass ich mich dort nun so ein bisschen ausprobiere. Macht ja auch teilweise Spaß und es gibt viel zu lernen. Da wird es in Zukunft noch deutlich mehr geben, weil es in unserer Zeit irgendwie auch dazugehört. Die ganze Geschichte ist sehr lustig und die Leute dürfen gespannt sein, was da auf Social Media unter @michaelhefele und dem Hashtag #Heffingdream so kommen wird. (lacht)

Das sind wir auf jeden Fall, Hefe. Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Gespräch genommen hast. Wir hoffen, dich bald mal wieder in Dresden begrüßen zu dürfen und wünschen dir bei deiner neuen Tätigkeit in Huddersfield nur das Beste.

Interview: Henry Buschmann & Marcel Devantier

Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.


 

Weitere News

Mehr News der SGD

Ihr Browser ist veraltet.
Er wird nicht mehr aktualisiert.
Bitte laden Sie einen dieser aktuellen und kostenlosen Browser herunter.
Chrome Mozilla Firefox Microsoft Edge
Chrome Firefox Edge
Google Chrome
Mozilla Firefox
MS Edge
Warum benötige ich einen aktuellen Browser?
Sicherheit
Neuere Browser schützen besser vor Viren, Betrug, Datendiebstahl und anderen Bedrohungen Ihrer Privatsphäre und Sicherheit. Aktuelle Browser schließen Sicherheitslücken, durch die Angreifer in Ihren Computer gelangen können.
Neue Technologien
Die auf modernen Webseiten eingesetzten Techniken werden durch aktuelle Browser besser unterstützt. So erhöht sich die Funktionalität, und die Darstellung wird verbessert. Mit neuen Funktionen und Erweiterungen werden Sie schneller und einfacher im Internet surfen können.