Verein
23. November 2017 // 17.02 Uhr

Kritik am Polizeieinsatz beim DFB-Pokalspiel in Freiburg

Umfangreiche Aufarbeitung durch SGD und Fanprojekt Dresden


Am Mittwoch, dem 25.10.2017, spielte die SG Dynamo Dresden (SGD) im DFB-Pokal beim SC Freiburg. Beim begleitenden Polizeieinsatz, durchgeführt durch das Polizeipräsidium Freiburg, wurde ein Großteil der rund 2.500 angereisten Gästefans polizeilichen Maßnahmen unterzogen, die nach umfangreicher Aufarbeitung aus Sicht von SGD und Fanprojekt Dresden deutlich zu kritisieren sind und auf die im Folgenden eingegangen wird.Die SGD strebt eine abschließende Bewertung mit Unterstützung der Partner des Nationalen Ausschusses für Sport und Sicherheit (NASS) an, um der Wiederholung von Fehlern bei künftigen Polizeieinsätzen vorzubeugen und ein vertrauensvolles Miteinander von Vereinen, Sicherheitsträgern und Fans zu befördern.

1. Ausgangslage

SGD und Polizeibehörden pflegen bei Heim- und Auswärtsspielen der SGD im gesamten Bundesgebiet eine positive und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Veranstaltungssicherheit zu gewährleisten.

2. Dokumentation

2.1. Fehlverhalten Dynamo-Fans

2.1.1. Vorspielphase

  • Einsatz eines pyrotechnischen Erzeugnisses durch Insassen eines Kfz auf Anreise

2.1.2. Während des Spiels

  • tätlicher Angriff auf einen Ordner im Gästeblock (Verletzung unbekannt)
  • Vandalismus mit Folge von leichten Sachbeschädigungen an zwei Türen
  • Diebstahl von Pfandbechern

2.2. Verletzte Personen

  • drei Polizisten leicht verletzt (1x Biss von Polizeihund, 1x Pfeffersprayeinsatz der Polizei, 1x unbekannt)
  • ein Gästefan schwer verletzt durch Zwischenfall in einer Lokalität in der Freiburger Innenstadt nach Ende des Spiels

2.3. Maßgebliche polizeiliche Maßnahmen

  • Ingewahrsamnahme mit ID-Feststellung (inkl. Videografierung und Durchsuchung, teils Leibesvisitationen) gegen ca. 200 Gästefans in Vorspielphase und während des Spiels, die infolgedessen nicht ins Stadion gelangten
  • weitere ID-Feststellung (inkl. Videografierung und Durchsuchung, teils Leibesvisitationen) in der Vor- und Nachspielphase
  • im Zuge der Leibesvisitationen teils Nacktkontrollen ohne ausreichenden Sichtschutz
  • ca. 90-minütige Blocksperre des Gästestehblocks (ca. 21.30-23 Uhr), davon betroffen ca. 1.500 Gästefans, dabei mehrfach Pfefferspray-Einsatz
  • Einsatz von Polizeihunden ohne Maulkorb am Gästeblock
  • Durchsuchungen von ca. 50-70 Kfz und 9-Sitzern sowie eines Busses in Vorspielphase, während des Spiels und in Nachspielphase

3. Kritik

3.1. Polizeiliche Maßnahmen

  • Maßnahmen gegen Gästefans unverhältnismäßig, da keine entsprechende Gefahrenlage (leichte Sachbeschädigung siehe 2.1.2. beim Versuch, den ohne Begründung durch die Polizei gesperrten Gästestehblock zu verlassen)
  • bislang offen, ob Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung stattfand

3.2. Zusammenarbeit

  • mangelhafte Kommunikation der Polizei gegenüber Verantwortlichen der SGD (Geschäftsführung, Sicherheitsbeauftragter, Fanbeauftragte) und Mitarbeitern des Fanprojekts Dresden während des gesamten Einsatzes (insbesondere Zurückhalten von Informationen zum Polizeieinsatz)
  • Sicherheitsbeauftragter SGD und Fanbeauftragte SGD sowie Mitarbeiter des Fanprojekts konnten sich teils nicht frei bewegen und befanden sich kurzzeitig ebenfalls in polizeilichen Maßnahmen; DFL-Ausweise wurden durch Polizei teils ignoriert

3.3. Pressemitteilung Polizeipräsidium Freiburg vom 26.10.2017

  • Angabe von drei verletzten Polizisten ohne Angabe der Ursache der Verletzung
  • skandalisierende Aufzählung und Fotodokumentation von Gegenständen, die teils nach dem Spiel in Fahrzeugen von Gästefans gefunden und nachweislich nicht mit ins Stadion genommen wurden (Bsp. Messer, das zum Schälen von Obst verwendet wurde, am 26.10., 0.20 Uhr, in Bus gefunden, bevor vom Spiel zurückkehrende Gästefans diesen wieder betreten hatten)

4. Fazit

  • Im Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) verankerte Vereinbarungen wurden ignoriert, insbesondere „Berechenbarkeit und partnerschaftliche Kommunikation der Netzwerkpartner“.
  • Durch NKSS verfolgte Ziele wurden beschädigt, insbesondere das Schaffen von „Vertrauen und Verhaltenssicherheit bei (jungen) Fans“, was den von SGD und Fanprojekt Dresden verfolgten pädagogischen Ansatz der Fanarbeit konterkarierte.
  • Zu loben ist das angesichts des Umfangs der polizeilichen Maßnahmen überwiegend besonnene Verhalten der Gästefans, besonders hervorzuheben ist teils deeskalierendes Verhalten von Mitgliedern der aktiven Fanszene.

Dynamos kaufmännischer Geschäftsführer Michael Born: „Vereine, Polizei, Sicherheitsträger und Fanprojekte arbeiten Wochenende für Wochenende partnerschaftlich und professionell zusammen, um Fußballspiele als Großveranstaltungen sicher durchzuführen. Ein vertrauensvolles Miteinander, in das auch die Fans mit einbezogen werden, ist dabei nicht nur ein erfolgversprechender Weg, sondern geradezu unabdingbar. Was wir in Freiburg erlebt haben, hat gewachsenes Vertrauen beschädigt – bei uns als Verantwortlichen, aber auch bei unseren Fans. Wir haben uns Zeit für die Aufarbeitung genommen und wollen nun mit allen beteiligten Partnern zu einer Bewertung der Abläufe vor Ort kommen, damit Fehler sich nicht wiederholen. Dynamo Dresden hat sich von Fehlverhalten der eigenen Fans immer deutlich distanziert und im Rahmen der Möglichkeiten des Vereins dagegengewirkt. Diesen Weg können wir nur dann glaubhaft beibehalten, wenn wir berechtigte Kritik am Polizeieinsatz in Freiburg jetzt auch zulassen und selbst ausüben. Unser Dank gilt dem Fanprojekt Dresden, das auf Grundlage von über 1.200 Fragebögen zum Spiel in Freiburg eine gewissenhafte Auswertung erstellt hat. Bedanken möchte ich mich aber auch bei allen Dynamo-Fans, die durch ihr überwiegend besonnenes Verhalten dazu beigetragen haben, das Geschehen in Freiburg nicht eskalieren zu lassen.“

Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.


 

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