Verein
08. Mai 2019 // 16.05 Uhr

„Nachts sprang mein Faxgerät an.“

Steffen Mann (55) geht seit über 40 Jahren zu Dynamo und ist langjähriges Vereinsmitglied.

Mitglieder-Interviews zum 3. Dresdner Traditionstag | Teil 1/3: Steffen Mann


Der „3. Dresdner Traditionstag“ rund um den 66. Vereinsgeburtstag stand in diesem Jahr unter der Überschrift „Dynamo Dresden als Mitgliederverein“.In dem Zuge hat die aktive Fanszene der SGD Interviews mit Vereinsmitgliedern geführt, die wir hier als dreiteilige Serie veröffentlichen.

Wir lesen von dynamischen Räuberpistolen, legendären Mitgliederversammlungen und wichtigen Beschlüssen. Vor allem aber geht es um eins – die unverbrüchliche Treue zum eigenen Verein. Durch dick und dünn, über alle Höhen und Tiefen.

Wir starten mit Steffen Mann, kommenden Mittwoch lest ihr ein Interview mit Dynamos Aufsichtsratsmitglied Michael Ziegenbalg, den Abschluss macht Florian Schnier, den viele auch als „Pulce“ kennen.

„Manne“, stell‘ dich den KREISEL-Lesern bitte erst einmal kurz vor!

Steffen Mann ist mein Name, ich bin 55 Jahre alt und gehe seit gut 40 Jahren zu Dynamo.

Wo trifft man dich im Stadion?

Immer noch auf den Stehplätzen, im K-Block.

In über vier Jahrzehnten hast du mit Dynamo alle Höhen und Tiefen erlebt. Welche Ereignisse haben die letzten Jahre für dich geprägt?

Vor allem die beiden Aufstiege in die 2. Liga, 2011 und 2016. Die Tiefen spielen für mich schon lange keine große Rolle mehr. Damit lebt man, daran hat man sich gewöhnt.

{media-left}Verdrängst du die Schattenseiten?

Das ist wie sonst auch im Leben. Die schlechten Seiten gehören dazu, aber die schönen Dinge sind entscheidend. Wenn es anders wäre, würde ich nicht mehr zum Fußball gehen.

Was macht für dich die Mitgliedschaft bei der SGD aus?

Um es kurz zu fassen: Die Verbundenheit zum Verein.

Und die Langversion?

Wenn Entscheidungen anstehen, dann will ich auch mitbestimmen. Das ist das Wichtigste bei der Vereinsmitgliedschaft. Aber zur Verbundenheit mit dem Verein gehören auch andere Dinge. Meine Frau und ich fahren bis heute auswärts.

Gibt es unter den Leuten, mit denen du zu Dynamo gehst, auch Nichtmitglieder?

Die gibt’s auch. Das muss jeder für sich entscheiden. Manche wollen sich eben nicht binden, unterstützen Dynamo aber mit ihrer Jahreskarte und indem sie zu den Spielen gehen. Auch für mich gab es Momente, in denen ich überlegt habe, ob ich diese Bindung noch möchte.

Du warst Anfang der Nullerjahre eine Zeitlang Aufsichtsratsmitglied …

Das war kurz bevor Christoph Franke als Trainer geholt wurde. Damals steckte das Fanprojekt noch in den Kinderschuhen, mein Bruder und seine Freundin haben das damals mit aufgebaut. Die Fans konnten einen Abgesandten in den Aufsichtsrat schicken …

Ähnlich wie heute die kooptierten Gremienmitglieder …

Genau. Sie haben mich gefragt, ob ich es machen würde. Es war mal wieder Not am Mann. Ich dachte, es wird schon nicht so kompliziert sein. Ich bin da ein bisschen blauäugig reingegangen, dass muss man so deutlich sagen. Ich war ein knappes Jahr im Aufsichtsrat. Was ich in der Zeit erlebt habe, war einmalig. Und das sage ich als jemand, der auch in anderen Vereinen tätig war, zum Teil bis heute.

{media-right}Was hast du damals erlebt?

Ich weiß nicht, ob man das abdrucken sollte. Wie dir manche Leute dort am Tisch im kleinen Kreis ins Gesicht gelogen haben, das suchte seinesgleichen. Es gab Momente, in denen es mir schwerfiel, die Beherrschung nicht zu verlieren. Ich habe viele Freunde, die sind bockbeinig und drücken sich auch mal ein bisschen deutlicher aus, wenn ihnen was stinkt. Das weiß ich zu schätzen, weil es ehrlich gemeint ist. Aber dass dir Leute in die Augen schauen und dich dabei ohne mit der Wimper zu zucken anlügen, das geht gar nicht.

Kannst du uns ein Beispiel nennen?

Bekanntermaßen gab es damals einen anderen Club in der Stadt, der große Ambitionen hatte. Gewissen Leuten lagen die Aussicht auf schnelle Erfolge mehr am Herzen als die Tradition unseres Vereins. Es lagen fertige Pläne in der Schublade, die an unsere Existenz gingen. Diese Pläne sollten durchgewunken werden, ohne dass die Mitglieder ins Bild gesetzt werden, worum es geht.

Eine typische Dynamo-Räuberpistole.

Sozusagen. Ich habe von der Geschichte auch erst im Nachgang erfahren, weil ich jemanden kannte, der mir die Dokumente zugespielt hat. Da sprang nachts mein Faxgerät im Wohnzimmer an, und ich bin vom Glauben abgefallen. Der Plan ist am Ende nur deshalb nicht aufgegangen, weil die betreffenden Leute nicht gewählt wurden.

Die Mitglieder haben mit ihrem Votum also Schlimmeres verhindert?

Das kann man so sagen, aber im Nachhinein betrachtet waren es für Dynamo glückliche Umstände. Es wurde ja nicht mit offenen Karten gespielt. Die, die sich wählen lassen wollten, haben mit ihren Absichten hinterm Berg gehalten. So funktioniert dann Mitbestimmung auch nicht.

Wie schätzt du die Lage heute ein?

Als Außenstehender will ich mir kein Urteil erlauben. Aber ich denke, die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass Vieles richtig gemacht wurde. Dazu zähle ich die Entschuldung oder den Bau des Trainingszentrums. Ich hoffe, dass die Gremien, die Mitarbeiter und die Geschäftsführung diesen Kurs beibehalten. Als Mitglieder haben wir die Aufgabe, das mit zu überwachen.

Hat der Mitgliederverein aus deiner Sicht auch Nachteile?

Aus finanzieller Sicht kann es sicher erst einmal ein Nachteil sein. Aber auch nur dann, wenn man kurzfristig denkt. Der Begriff ,Investor‘ sagt doch schon alles aus – wer investiert, der will auch, dass es sich auszahlt. Einer alleine hat dann das Sagen. Einer, den unsere Geschichte nicht interessiert. Der Verein wird zu einer reinen Geldanlage. Will man diesen Kommerz auf Biegen und Brechen mitmachen? Ich lehne das ab, denn dann geht die Seele verloren.

Die ,Seele‘, was ist das für dich?

Das ist der Zusammenhalt, die Gemeinschaft. Die Freundschaften, die du über 40 Jahre hast. Die Leute, mit denen du früher zum Fußball gegangen bist, helfen dir auch heute noch, ohne groß rumzulabern. Auch über den Fußball hinaus.

Zum Abschluss noch zwei andere Themen. 1989 wurdest du zum „Größten Dynamo-Fan aller Zeiten“ gekürt. Wie kam es dazu?

Ich nehme stark an, dass die Freundin meines Bruders das eingerührt hat. Irgendjemand hat dafür gesorgt, dass ich mit rund 20 anderen Dynamo-Fans bei „Außenseiter-Spitzenreiter“ dabei war. Im Kulturpalast wurde die Sendung gemacht, danach gab es ein Spiel gegen die 1. Mannschaft von Dynamo Dresden. Die Urkunde habe ich noch zuhause.

Wo fand das Spiel statt?

Im Rudolf-Harbig-Stadion. Aber frag‘ mich nicht, wie es ausgegangen ist. Ein Tor habe ich jedenfalls nicht geschossen.

Letzte Frage: Wann kommt der berühmte Finger vom Fanclub „Immer zu“ wieder zum Einsatz?

Das kann ich jetzt auf der Stelle nicht beantworten. Aber es muss schon ein besonderer Anlass sein. Vielleicht nächstes Jahr, wenn der Fanclub seinen 35. Geburtstag feiert.

„Manne“, danke dir für das Gespräch und den spannenden Einblick in die Historie!

Interview: ULTRAS DYNAMO

Titelfoto: Dennis Hetzschold

Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.


 

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