Die Zweitliga-Profis der SG Dynamo Dresden pausieren bis zum 20. April aufgrund der Corona-Krise gezwungenermaßen mit dem Mannschaftstraining, während sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins zu einem Großteil in Kurzarbeit befinden. Die Dynamo-Profis inklusive des Trainerstabs und der Geschäftsführung verzichten aus Solidarität im Zuge dessen bis zum 30.06. auf 300.000 Euro ihres Gehaltes.Im Telefoninterview sprachen wir mit Florian Ballas über den Gehaltsverzicht und wie sich innerhalb der Mannschaft darüber ausgetauscht wurde. Außerdem wollten wir von Dynamos Mannschaftskapitän wissen, welche Veränderungen der Ausnahmezustand auf seine Heimat und das Leben an der französischen Grenze hat.
Eure finanzielle Unterstützung hat bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins eine große Dankbarkeit ausgelöst. Auch die Resonanz in der Öffentlichkeit war überwältigend. Habt ihr damit gerechnet, Flo?
Wir freuen uns als Mannschaft natürlich darüber, dass unsere Geste so gut von allen Seiten aufgenommen wurde. Ich denke aber, dass diese Solidarität in der jetzigen Situation selbstverständlich sein sollte. Wir wollten mit unserem Gehaltsverzicht zum Ausdruck bringen, dass gegenseitige Hilfe innerhalb eines Fußballvereins in so einer Ausnahmesituation für uns ganz einfach dazugehört. Die Botschaft ist meiner Meinung nach noch wichtiger als das Geld an sich.
Bringt das den Geist zum Ausdruck, der Mannschaftssport zu etwas Besonderem macht?
Wir haben im Winter – sportlich mit dem Rücken zur Wand stehend – als Tabellenletzter selbst erfahren, was Zusammenhalt bei Dynamo Dresden bedeutet. Die aktive Fanszene des Vereins hat unter anderem im Trainingslager den Schulterschluss mit uns als Mannschaft gesucht. Das war einfach großartig und es hat Spuren bei uns in der Mannschaft hinterlassen.
{media-left}Wie haben deine Kollegen reagiert, als du die Bereitschaft innerhalb des Teams auf Gehaltsverzicht abgeklopft hast?
Es war für uns als Mannschaft keine Frage, ob wir in der jetzigen Situation helfen, es ging eher um das „Wie“. Deshalb war die Bereitschaft bei allen Spielern auch sofort da, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Vereins in der Situation zu unterstützen.
Hättest du dir einen solchen Notstand jemals vorstellen können, der sich gerade in unserem Leben ausbreitet?
Nein. Das was wir gerade in unserer Welt erleben, war komplett außerhalb meiner Vorstellungskraft. Aus Hollywood oder einem Roman kennt man solche Geschichten, aber in dieser hochtechnisierten Welt hätte ich die Ausbreitung eines Virus über den gesamten Planeten innerhalb von wenigen Wochen und Monaten für unmöglich gehalten.
Was beschäftigt dich am meisten?
Es ist für jeden von uns spürbar, wie viele Existenzen da gerade dranhängen. Leute, die ein kleines Restaurant oder Café besitzen, werden sicher nicht mehr gut schlafen können. Diesen Menschen muss jetzt genauso geholfen werden, damit sie nicht ins Bodenlose fallen. Ich hoffe, dass sich die Lage so schnell wie möglich wieder normalisiert und wir in ein Leben zurückkehren können, welches von Frieden,Zusammenhalt, Freude und Zuversicht geprägt ist.
Du bist gerade zuhause in Saarbrücken. Wie geht es deiner Familie und deinen Freunden?
Hier geht es zum Glück allen gesundheitlich gut. Ich bin bei meinen Eltern Zuhause und wir meiden selbstverständlich alle sozialen Kontakte, die sich außerhalb unserer Haustüre befinden. Für uns als Familie hat die Ausnahmesituation auch etwas Gutes, denn meine Eltern freuen sich sehr, dass sie mich endlich mal wieder intensiver erleben.
{media-right}Du befindest dich in unmittelbarer Grenznähe zu Frankreich. Wie hat sich der Alltag für die Menschen in der Region verändert?
Die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich existiert für die Menschen hier im Alltag gedanklich gar nicht mehr. Die Region ist emotional zu einem Ganzen verschmolzen. Viele Deutsche leben seit vielen Jahren in Frankreich und pendeln dennoch jeden Tag zur Arbeit nach Deutschland. Für die Menschen hier ist es hart, dass die Grenze plötzlich wieder eine echte Trennung bedeutet.
Es ist unklar, wann der Profi-Fußball in Deutschland fortgesetzt werden kann. Wie gehst du damit um?
Es gibt derzeit täglich neue Meldungen und Zwischenstände von Virologen und Gesundheitsexperten. Gegenwärtig kann niemand mit Gewissheit sagen, wann es weitergeht. Die oberste Priorität ist derzeit, dass wir diesem verdammten Virus gemeinsam als Gesellschaft Herr werden. Ich hoffe aber natürlich trotzdem, dass wir so bald wie möglich wieder auf dem Platz stehen können und die Liga im besten Fall fortsetzen können. Bis dahin müssen wir improvisieren und uns so gut es geht im eigenen Haushalt fit halten. Das ist alles andere als ideal, aber letztlich geht es fast allen Vereinen so, die derzeit kein Mannschaftstraining absolvieren können.
Vielen Dank für das Gespräch und pass gut auf dich auf, Flo.
Interview: Henry Buschmann
Dies ist eine migrierte News einer früheren Website-Version der SG Dynamo Dresden. Wir bitten um Verständnis, dass es aus technischen Gründen möglicherweise zu Fehlern in der Darstellung kommen kann bzw. einzelne Links nicht funktionieren.