Vor dem Heimspiel gegen den FC St. Pauli am Sonntag sprachen wir mit Fabian Boll, Mittelfeldspieler der Kiez-Kicker. Der 34-Jährige spielt seit 2002 für die Hansestädter und absolvierte in dieser Zeit 28 Erst- und 139 Zweitligaspiele, in denen ihm 16 Treffer gelangen. Neben seinem Job als Fußballprofi ist er halbtags als Kriminaloberkommissar im Einsatz und jagt Falschmünzer, Radaubrüder, Feuerteufel und Langfinger (Sachgebiete: Betrug, Körperverletzung, Brandstiftung und Diebstahl). Für den Sommer kündigte er das Ende seiner Fußballerkarriere an, gegen Dynamo wird er dem Tabellensiebten aufgrund einer Verletzung nicht zur Verfügung stehen.
Wir sprachen mit Fabian Boll über seinen Job bei der Polizei, das Karriereende und die Spiele gegen Dynamo. Außerdem erklärte er uns, warum er seinen ehemaligen Trainer Holger Stanislawski noch nachträglich abmahnen will.Nach zwölf Jahren beim FC St. Pauli hast du am vergangenen Sonntag – dem dritten Jahrestag des Derbysieges gegen den Hamburger SV – verkündet, dass deine Profikarriere im Sommer endet. Helmut Schulte meinte einst, dass braun-weißes Blut in deinen Adern fließt. Wirst du dich beim Kiez-Club komplett vom Acker machen, oder bleibst du deinem Verein in irgendeiner Form erhalten?
Es wäre schon schade, wenn ich dem Verein nach zwölf Jahren nicht verbunden bleiben würde. In den letzten Wochen liefen aber schon gute Gespräche. Der Club ist ja groß, er beschränkt sich ja nicht nur auf die Profi-Abteilung. So werde ich dem Nachwuchsbereich eventuell erhalten bleiben. In welcher Form genau, entscheidet sich in den kommenden Wochen und Monaten.
Seit 2002 bist du mit dem Verein mehrmals auf- und abgestiegen, hast die Retterkampagne und den Derbysieg beim HSV 2011 erlebt. Wenn du zurückblickst – gab es einen Moment oder ein Ereignis, das einen besonderen Stellenwert besitzt?
Ich muss kurz erst einmal klarstellen, dass ich mit dem FC St. Pauli nur einmal abgestiegen bin! (lacht) Die beiden Aufstiege, der Derbysieg oder auch das Erreichen des DFB-Pokal-Halbfinals als Drittligist werde ich nie vergessen. Es gab aber auch Spiele, die für Außenstehende eher unscheinbar waren, für mich aber einen hohen Stellenwert besitzen. Dazu gehören unter anderem zwei Spiele gegen den SC Paderborn oder den FSV Frankfurt, die einfach perfekt für mich liefen.
Neben deinem Job als Fußballprofi arbeitest du halbtags als Kriminaloberkommissar bei der Hamburger Polizei. Dein ehemaliger Trainer Holger Stanislawski nannte dich scherzhaft deshalb „Hobbyfußballer“. Wie muss man sich den Arbeitsalltag bei dir vorstellen?
Was hat Stani gesagt?! Das höre ich zum ersten Mal! Ich werde ihm schreiben, dass diese Aussage eine absolute Frechheit ist und es nachträglich noch eine Abmahnung geben müsste! (lacht) Als Fußballer hat man eigentlich viel Freizeit – zumindest an Tagen, wo man nicht zweimal auf dem Trainingsplatz steht. Diese Zeit nutze ich einfach, um meinem Job nachzugehen. Da ich nur eine Halbtagesstelle habe, liegt mein Arbeitspensum bei 20 Stunden pro Woche. Das habe ich in all den Jahren immer gut hinbekommen. Schwierig war es in der Saisonvorbereitung, bei Trainingslagern oder Auswärtsspielen – da geht gerne schon mal der eine oder andere Urlaubstag drauf. Ich habe es die zwölf Jahre gerne so durchgezogen, da ich im Sommer weich falle und mir keine Sorgen um meine Zukunft machen muss.
Kam es vor, dass dich deine Kollegen bei der Polizei während des laufenden Trainings für einen wichtigen Fall anfordern mussten?
Das ist nicht wirklich geschehen. Der Verein wusste immer, dass der Polizeijob mein Haupt-Job ist und ich durchaus ein Training oder Spiel verpassen könnte, wenn ich gebraucht werde. Als ich bei den Amateuren angefangen habe, bin ich mal direkt vom Nachtdienst zu einem Spiel gefahren. Ich war entsprechend müde, trotzdem sind mir an dem Tag zwei Tore gelungen. Die Einheiten, die ich insgesamt verpasst habe, kann ich an einer Hand abzählen – es gab sehr selten Überschneidungen.
Aufgrund einer Verletzung wirst du am Sonntag nicht auflaufen können. Hättest du Dresden auf deiner Abschiedstournee aus dem Profi-Fußball gern noch einmal mitgenommen und welche Erinnerungen hast du persönlich an die Spiele gegen die SGD?
In Dresden war und ist es immer sehr laut und stimmungsvoll. Auch wenn Dynamo bei uns am Millerntor zu Gast war, haben die Gäste-Fans für eine gewisse Lautstärke gesorgt. So erinnere ich mich gerne an ein Spiel im Mai 2007, als wir durch ein 2:2 aufgestiegen sind. Rückblickend muss man den Dresden-Fans viel Respekt zollen. Sie haben ihre Mannschaft, die damals mit einem Sieg noch Chancen auf den Aufstieg gehabt hätte, extrem laut angefeuert und so für eine noch bessere Stimmung im Stadion gesorgt. Ich habe immer gerne in Dresden gespielt, weil ich viel lieber vor voller Kulisse und enthusiastischen Fans auflaufe als vor leeren Rängen mit keiner Stimmung.
Fabian, vielen Dank für das Gespräch.
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