Seit 2014 ist Patrick Wiegers bei der SGD und damit einer der dienstältesten Spieler im Kader der Sportgemeinschaft. Durch seine Persönlichkeit und Erfahrung zählt der Torwart schon länger zu den Führungsspielern im Team, doch wie jeder andere, hat auch er eine Situation wie die jetzige noch nicht erlebt.Im Telefoninterview sprachen wir mit dem 29-Jährigen über den Alltag als Familienvater und Fußballprofi in der Corona-Krise, die Lage in seiner Heimat Bayern und wie er sich in der fußballfreien Zeit fit hält. Zudem erzählte der Keeper vom Kontakt zu Mannschaftskollege Niklas Kreuzer, der über ihm wohnt.
Patrick, wie gestaltest du deinen Alltag während der Corona-Krise?
Neben den Inhalten meines individuellen Trainingsplans, die ich jeden Tag ausführe, habe ich in den vergangenen Tagen auch das schöne Wetter genutzt, um meine Terrasse für den Sommer fit zu machen. Mit dem Hochdruckreiniger habe ich die Gartenmöbel und die Terrasse aus dem Winterschlaf geweckt, damit wir es als Familie schön zuhause haben. Denn hier werden wir wohl in naher Zukunft noch viel Zeit gemeinsam verbringen.
Du bist ein junger Vater. Ist es auch ein Geschenk, wenn man so viel Zeit mit seiner Familie verbringen darf?
Ja, natürlich. Es ist ein echtes Privileg, dass ich aufgrund der gegenwärtigen Situation gerade so viel Zeit mit meiner kleinen Familie verbringen darf. Ich genieße die Momente mit meiner Tochter Lia und mir wird auch nie langweilig dabei.
{media-left}Sind die Aufgaben im Haushalt zwischen dir und deiner Frau Stephanie in den vergangenen Tagen noch mal neu verteilt worden?
Nein, das war nicht nötig. (lacht) Denn wir haben schon viel länger eine klare Rollenverteilung im Haushalt. Ich bin in der Küche für alle Abläufe zuständig und kümmere mich um den Außenbereich unserer Wohnung. Meine Frau übernimmt alle anderen Aufgaben, die im Haushalt so anfallen. Bei der Betreuung der Kleinen wechseln wir uns ab, damit jeder auch mal etwas Zeit für sich hat.
Auch bei Dynamo Dresden gibt es durch die Krise erste Konsequenzen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in Kurzarbeit im Home-Office. Wie trainierst du daheim?
Ich habe mir von meiner Frau eine Turnmatte gemopst. Darauf mache ich täglich mein Kraft-, Beweglichkeits- und Stabilisations-Training. Die vorgegebenen Läufe absolviere ich allein im Freien an der frischen Luft. Da gibt es in Dresden mit dem Großen Garten, dem Ostragehege oder der Elbe viele geeignete Orte, wo man anderen aus dem Weg gehen kann, um so das Ansteckungsrisiko auch beim Joggen möglichst gering zu halten. Das tägliche Programm ist natürlich mit dem Mannschaftstraining eines Fußball-Profis nicht im Ansatz zu vergleichen, aber der Situation meiner Meinung nach absolut angemessen.
Das Ende der Pause im Profi-Fußball ist bisher nicht seriös absehbar. Wie sehr vermisst du den Fußball schon jetzt?
Der Fußball ist mein Alltag. Und der fehlt mir natürlich sehr. Aber ich habe wie gesagt zuhause eine schöne Ablenkung und mir wird ansonsten auch selten langweilig. Ich freu mich aber natürlich sehr, wenn es endlich wieder losgeht. Im Vordergrund steht aber natürlich erst einmal, dass wir jetzt unseren Beitrag als Gesellschaft leisten, damit das Gesundheitssystem auch in den kommenden Wochen und Monaten jeden behandeln kann, der schwer am Coronavirus erkranken wird.
Wie hältst du im Moment den Kontakt zu deinen Mitspielern?
Vor allem natürlich über WhatsApp oder Telefongespräche. Ansonsten habe ich ja mit Niklas (Kreuzer; Anm. d. R.), meinem Mitspieler und ehemaligen WG-Partner, einen direkten Nachbarn, der seinen Balkon direkt über meiner Terrasse hat. Wir haben uns in diesen Tagen auch intensiv von Terrasse zu Balkon unterhalten und über die aktuelle Situation ausgetauscht. Keiner von uns hat in seinem Leben bisher je etwas Vergleichbares erlebt.
{media-right}Vertreibt ihr euch auch gemeinsam die Zeit?
Wir haben schon überlegt, ob wir uns aus Dosen ein Schnurtelefon basteln, wie wir es aus unserer Kindheit kennen. (lacht) Aber Spaß beiseite, ansonsten meide ich derzeit wirklich konsequent alle sozialen Kontakte so gut es geht, damit meiner Frau und unserer gemeinsamen Tochter kein unnötiges Risiko entsteht.
Deine Familie lebt ganz im Süden von Deutschland in Deggendorf. Bayern ist durch die Nähe zu Österreich und Italien extrem betroffen. Wie geht es deinen Eltern, Freunden und Bekannten?
In Bayern gibt es ab morgen eine Ausgangssperre, somit wird noch mehr als gegenwärtig bei uns in Dresden durch die Corona-Krise in den Alltag eingegriffen. Aber es geht gesundheitlich bisher allen gut und keiner ist derzeit von einer Erkrankung betroffen, soweit ich weiß. Und das ist das Wichtigste für mich.
Millionen Menschen fühlen sich durch die Corona-Krise und ausbleibende oder geringere Einkommen derzeit in ihrer Existenz bedroht. Dein Arbeitsvertrag endet gegenwärtig am 30. Juni. Wie gehst du als Fußball-Profi damit um?
Das ist eine gute Frage, weil sie mich natürlich auch bewegt. Mir geht es da gerade nicht anders, als Millionen anderer Menschen in unserem Land und letztlich in der ganzen Welt. Ich mache mir darüber Gedanken, versuche es aber momentan etwas von mir wegzuschieben, weil ich es gerade sowieso nicht beeinflussen kann. Fest steht für mich, dass ich weiter Fußball spielen möchte und das am liebsten bei Dynamo Dresden. Wir werden sehen, was passiert, wenn die Corona-Krise vorbei ist.
Jeder versucht in dieser schwierigen Situation an die Menschen zu appellieren, dass sie daheim bleiben sollen. Was würdest du Menschen mit auf den Weg geben, die sich immer noch in größeren Gruppen bewegen?
Viele haben den Ernst der Lage leider noch immer nicht erkannt. Haben sich diese Menschen in den vergangenen Tagen mal gefragt, was sie da eigentlich machen? Ein solches Verhalten ist für mich erschreckend rücksichtslos. Niemand kann mit Gewissheit sagen, welche Auswirkungen das Coronavirus langfristig auf unsere Gesundheit und somit auf unser Leben haben wird.
{media-left}Welchen Beitrag versuchst du gerade zu leisten?
Das eigene Ego muss sich jetzt erst einmal in unserem kollektiven Bewusstsein hinten anstellen und die freie Zeit sollte niemand von uns mit einem gemeinsamen Urlaub verwechseln, den man entspannt in der Sonne mit vielen guten Freunden verbringt. Am besten verbringt gerade jeder von uns so viel Zeit wie möglich zuhause. Dann wird auch schneller die Phase kommen, in der unser Leben wieder von Normalität geprägt sein wird. Bitte meidet große und kleine Gruppen. Bleibt bitte zuhause und verbringt die Zeit mit den Menschen, die euch am nächsten sind. Das versuche ich gerade jeden Tag umzusetzen und so lautet auch mein Appell an die Leute da draußen.
Vielen Dank für das Gespräch, Patrick. Deiner Tochter, deiner Frau und dir wünschen wir vor allem, dass ihr gesund bleibt.
Interview: Henry Buschmann
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