Wer hätte das vor der Saison gedacht? Nach dem Aufstieg in die zweite Bundesliga war die Vorfreude der Dresdner Fans auf Gegner wie Eintracht Frankfurt, Fortuna Düsseldorf oder den FC St. Pauli riesengroß und die tolle Aussicht auf gleich vier Ostklassiker gegen Erzgebirge Aue, Hansa Rostock, Energie Cottbus und Union Berlin ließ das schwarz-gelbe Fanherz höher schlagen. Die beste zweite Liga der Welt – ein Motto, dass allwöchentlich vom übertragenden Fernsehsender verwendet wird, um das hohe Niveau der Spielklasse zu verdeutlichen – kam für die SG Dynamo Dresden zur richtigen Zeit zurück an die Elbe. Die Stimmungslage im Verein war vor dem Saisonstart noch aufstiegsgetränkt und mit den für Dresden typischen Erwartungen ging es auf in den Kampf um den Klassenerhalt. Den hat die Mannschaft von Trainer Ralf Loose zwar noch nicht in der Tasche, aber mit ihren guten sportlichen Auftritten ein komfortables Punktekonto gesammelt, das sich im Vergleich zur Konkurrenz definitiv sehen lassen kann. Das Abstiegsgespenst machte bisher jedenfalls einen großen Bogen um die sächsische Landeshauptstadt und ist seit Wochen eher in einem Strandkorb an der Ostseeküste zu finden. Dort traf es im Dezember 2011 auf einen Kumpel, der sich Stadiongeist nennt. Der sorgte dafür, dass die Partie zwischen Hansa Rostock und der SGD vor vielen tausenden Gespenstern ausgetragen werden musste, die alle unsichtbar und damit quasi für die Öffentlichkeit und TV-Kameras nicht anwesend waren.
Das gleiche Schicksal hat nun die große Fangemeinde der schwarz-gelben Sportgemeinschaft getroffen. Im Heimspiel gegen den FC Ingolstadt bleiben am Sonntag, 11.3.2012, ab 13.30 Uhr die Ränge im Stadion leer. Die Gründe sind bekannt – die begeisternde Art und Weise, wie die Dynamo-Fans mit dieser schwierigen Tatsache umgehen, auch. Das Hinspiel in Bayern ging für die Schwarz-Gelben mit 2:4 verloren, obwohl man einen frühen Rückstand noch in der ersten Spielhälfte in eine Führung umwandeln konnte. Mit traurigen Gesichtern mussten damals die Spieler und Fans ohne Punkte und Siegeslaune nach Hause fahren. Das soll sich am Sonntag aber ändern. Dynamo-Trainer Ralf Loose hat die Niederlage abgehakt und verweist auf völlig neue Konstellationen auf dem Rasen und an der Seitenlinie. Die Ingolstädter gaben in der Winterpause den zweifachen Torschützen gegen Dynamo, Edson Buddle, ab und kommen außerdem mit einem anderen Trainer an die Lennéstraße. Benno Möhlmann, der sich im Heimspiel noch über den Sieg gegen Dresden freuen durfte, wurde durch Tomas Oral ersetzt, der nun an das Zepter bei den „Schanzern“ in den Händen hält und mit Platz 6 in der Rückrundentabelle zwar auch noch hinter Dynamo (4.) steht, aber immerhin mit seiner Mannschaft in sieben Spielen schon einen Punkt mehr geholt hat, als in der gesamten Hinrunde.
Nun kommen die Gäste aus Bayern nach Dresden, aber nicht unbedingt als Auswärtsschreck. Sie gehören in der Fremde zu den schlechtesten Teams der Liga. Und stecken ganz im Gegensatz zu Dynamo noch mittendrin im Abstiegskampf. „Ingolstadt hat eine Qualität, auf die wir uns vorbereiten müssen“, sagt Ralf Loose, der mit seinen Schützlingen an die guten Leistungen der beiden letzten Spiele anknüpfen will, in denen zweimal die Null hinten stand und so die volle Punktzahl eingefahren werden konnte. „Wir haben aber auch Fehler gemacht und dadurch dem Gegner zu viele Chancen im Strafraum ermöglicht. Das haben wir gemeinsam in dieser Woche ausgewertet“, berichtet der Coach, der seine Mannschaft in einer guten Verfassung sieht und auch personell die Qual der Wahl hat. „Wir hatten durch den zeitlichen Abstand zwischen den Spielen die Gelegenheit, wieder frisch zu werden und in Gang zu kommen. Wir wollen gegen Ingolstadt beweglich im Angriff sein, aus der Abwehr besser nachrücken und so für mehr Torgefahr im Strafraum des Gegners sorgen“, beschreibt Ralf Loose sein Vorhaben für das Spiel am Sonntagnachmittag. Mittelfeldspieler Filip Trojan ist nach einer kurzen verletzungsbedingten Auszeit wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen, soll sich vor der Partie aber noch einem Belastungstest unterziehen. Ausfallen wir neben den Langzeitverletzten derzeit nur Innenverteiger Martin Stoll, der sich mit Kniebeschwerden vom Trainingsbetrieb abmelden musste.
Die Partie am Sonntag ist das vierte Aufeinandertreffen beider Mannschaften. Die Bilanz ist bis jetzt absolut ausgeglichen. Die einzige Niederlage gegen Ingolstadt kassierte Dynamo im Hinspiel dieser Saison, die beiden Duelle in der 3. Liga brachten den Dresdnern dagegen vier Punkte ein. Auswärts holte Matthias Maucksch, der kurz zuvor Ruud Kaiser als Coach abgelöst hatte, mit einem 0:0 seinen ersten Punkt als Übungsleiter, im Rückspiel siegten die Schwarz-Gelben souverän gegen den späteren Aufsteiger mit 2:0. Auch auf den Rängen entwickelte sich beim bisher einzigen Heimspiel gegen die „Schanzer“ eine besondere Atmosphäre. Weil die Fans der SGD das nachfolgende Punktspiel auswärts in Unterhaching nicht besuchen durften und damit zum ersten Mal überhaupt von einem Spiel ihrer Lieblinge offiziell ausgeschlossen wurden, blieb der K-Block aus Protest mit Beginn der zweiten Spielhälfte zunächst stumm. Doch das unwiderstehliche Spiel der Elf auf dem Rasen sorgte schließlich doch noch für eine losgelöste Stimmung auf den Tribünen.
Diese losgelöste und für die Mannschaft enorm wichtige Unterstützung wird gegen Ingolstadt bekanntlich fehlen. Dynamo-Trainer Ralf Loose bedauert diesen Fakt und verbindet damit die Hoffnung, dass es für alle Beteiligten eine Lehre ist. Seine Mannschaft will den Anhängern unbedingt einen Sieg schenken und den Konkurrenten sportlich in der Tabelle auf Abstand halten. „Ich spüre die Begeisterung und auch die Spieler merken, dass in Dresden gerade etwas ganz Besonderes passiert“, erzählt der 49-Jährige über die letzten Tage, in denen sich alles um den Verkauf der „Geistertickets“ drehte. „Wir müssen uns für diese unglaubliche Unterstützung bei den Fans erkenntlich zeigen und mit Leistung demonstrieren, dass wir dazugehören“, erklärt Ralf Loose. Ob er bei einem Sieg einmal mit der Mannschaft um das Stadion läuft, um mit den Anhängern zu feiern, wollte er dann allerdings nicht versprechen. Sein verschmitztes Lächeln und der Hinweis, dass in Dresden so etwas spontan geplant wird, beinhaltete vor allem die Botschaft, dass die Partie gegen Ingolstadt noch nicht gewonnen ist und alle Konzentration zunächst den sportlichen Belangen gilt.
Für die Fans ist das Spiel gegen die „Schanzer“ unverhofft und unbeabsichtigt schon vorab zum Klassiker geworden, an den sich jeder Dynamo-Fan auch in vielen Jahren noch erinnern wird, wenn er stolz den Enkeln seine „Geistertickets“ zeigt oder nachdenklich erzählt, warum es damals dazu kam, dass Fans bei einem Spiel ihres Lieblingsvereins nicht live im Stadion dabei sein durften. Wer hätte das vom Spiel Dynamo gegen Ingolstadt vor der Saison gedacht?
Schiedsrichter der Partie wird Marcel Unger aus Halle/Saale sein. Anpfiff ist um 13:30 Uhr.
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