Nach der Vorstellung des Leitbildes der SG Dynamo Dresden haben wir Dynamo-Präsident Andreas Ritter und unsere Geschäftsführer Michael Born und Ralf Minge dazu befragt, inwiefern die zwölf Leitsätze ihre Arbeit berühren und welches Potenzial sie in ihnen sehen.Im Leitbild stecken Identität, Werte und Ziele der Sportgemeinschaft. Was kann sich jeder von euch für seine Tätigkeit im Verein daraus ableiten?
RITTER: Das Leitbild geht unter anderem darauf ein, wie wir unser Vereinsleben gestalten wollen, nämlich gemeinsam und im aktiven Dialog. Für unsere Tätigkeit als Präsidium ist es ein zentraler Punkt, hierbei mitzuwirken. Man sieht daran übrigens auch sehr schön, dass das Leitbild unseren Verein nicht neu erfunden hat, sondern in erster Linie vieles festhält, was bereits gelebt wird. Natürlich sind auch die Traditionspflege und das soziale Engagement wichtige Bezugspunkte für unser Gremium.
BORN: Für uns als Geschäftsführung steckt eigentlich in jedem der zwölf Leitsätze etwas, das unsere Arbeit berührt. Manches tagtäglich, anderes zumindest immer wiederkehrend. Ganz entscheidend ist die klare Vorgabe, die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Vereins künftig nicht mehr aufs Spiel zu setzen. Dass die Sportgemeinschaft ein von seinen Mitgliedern geführter Verein bleiben soll, ist auch ein zentraler Auftrag an die Adresse der Geschäftsführung. Andreas hat einen wichtigen Punkt ausgesprochen – die Dinge, die im Leitbild stehen, werden alle schon gelebt, teils sehr intensiv, teils ausbaufähig. Aber es war unheimlich wichtig, das niederzuschreiben und damit auch für morgen und übermorgen festzuhalten.
MINGE: Meine Vorredner haben schon viele wichtige Dinge angesprochen. Ich kann aus Sicht des Sportgeschäftsführers auf jeden Fall ergänzen, dass ich es für absolut richtungsweisend halte, dass Dynamo Dresden sich im Leitbild als Ausbildungsverein positioniert. Mit der abrechenbaren Maxime, dass wir unsere Talente auch in Schule und Beruf bestmöglich unterstützen. Dass wir mutigen und attraktiven Fußball zeigen und uns fest unter den 36 Bundesligisten etablieren wollen, unterschreibt hier glaube ich auch jeder. Vielsagend finde ich, dass die Verbindung mit Dresden mit Nachdruck formuliert wird. Ich bin in den letzten 20 Jahren ja auch ein wenig rumgekommen und glaube schon, dass diese starke Verwurzelung des Vereins in der Stadt hier in Dresden ein besonderes Merkmal ist.
{media-left}Warum war Dynamo ausgerechnet jetzt „reif“ für ein Leitbild?
RITTER: Das hat aus meiner Sicht zwei Gründe, die miteinander zusammenhängen. Dynamo hat in den letzten Jahren in allen Bereichen große Schritte nach vorne gemacht. Dadurch sind bei vielen Beteiligten überhaupt erst die notwendigen Kapazitäten für den arbeitsintensiven und langwierigen Prozess der Erstellung eines Leitbildes entstanden. Außerdem glaube ich, dass der Verein nach Jahren der Krise ganz allmählich wieder zu seiner inneren Mitte gefunden hat, eine Entwicklung, die sicher schon länger andauert. Dadurch haben einige Facetten unserer Identität wieder mehr an Kontur gewonnen. Nicht der Gemeinschaftssinn, der war im Kern immer intakt, sonst würde es den Verein heute vielleicht gar nicht mehr geben. Aber ich würde sagen, das Selbstbewusstsein, das aus unserer Tradition erwachsen ist, ist inzwischen wieder ausgeprägter als noch vor zehn, fünfzehn Jahren. Und das ist auch mit ins Leitbild eingeflossen.
Im Leitbild finden sich tatsächlich sehr selbstbewusste Formulierungen. „Nummer eins im Osten“, „Verein mit den besten Fans“, der Traum vom Europapokal. Wie sind diese Aussagen einzuordnen?
MINGE: Man tut gut daran, diese Aussagen nicht aus dem Kontext zu lösen. Die Nummer eins im Osten ist ganz klar auf das Thema Mitgliederverein gemünzt. Was das anbetrifft, sind wir die Nummer eins und haben auch den Anspruch, diese Position künftig zu untermauern. Dafür müssen wir unsere Hausaufgaben machen, indem wir uns positiv weiterentwickeln und dabei unseren Wesenskern bewahren.
{media-right}BORN: Das kann ich nur unterstreichen. Zum Wesenskern, den Ralf benennt, gehört zum Beispiel eine lebendige und leidenschaftliche Fanszene. Aus Überzeugung zu sagen, hier in Dresden haben wir die besten Fans, heißt ja nicht, dass wir die Augen vor bestehenden Problemen verschließen. Der Ansatz muss sein, dass wir als Verein mit unseren Anhängern weiter im Dialog stehen, dass wir Grenzen aufzeigen – im Rahmen unserer Möglichkeiten –, uns aber auch an die Seite unserer Anhänger stellen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Ich denke dabei an die Abläufe in Freiburg, zu denen wir auch öffentlich noch Stellung beziehen werden, aber auch an Entwicklungen, die seit geraumer Zeit viele Fußballfans in Deutschland umtreiben. Ich bin überzeugt, dass die Vereine ein ureigenes Interesse daran haben, die Fankultur in den Stadien zu bewahren. Und was das angeht, ist Dresden ein einzigartiger Standort. Aber auch wenn man sich anschaut, wie oft die Fans dem Verein hier in Notsituationen schon geholfen haben.
RITTER: Ich finde es begrüßenswert, dass die Sportgemeinschaft eine Vision entwirft. Auch Leute, die von außen draufschauen, sprechen ja immer wieder von dem riesigen Potenzial, das in Fußball-Dresden schlummert. Ich glaube, es verstellt uns keineswegs den Blick auf die Realität und auf die nächsten Schritte, wenn wir diesem Gefühl, diesem Traum einen Platz einräumen. Im Herzen, im Hinterkopf – und eben auch im Leitbild.
Mit der Niederschrift der zwölf Leitsätze ist der Prozess nicht abgeschlossen…
{media-left}BORN: Nehmen wir ein konkretes Beispiel, das schon vor der Fertigstellung des Leitbildes angestoßen wurde, nämlich im Zusammenhang mit dem Traditionsspieltag zum Vereinsgeburtstag, bei dem die aktive Fanszene eine maßgebliche Initiative hat. Die Walter-Fritzsch-Säule, die seit einigen Jahren ein Schattendasein im VIP-Eingang des Stadions fristet, soll einen neuen, öffentlich zugänglichen Standort bekommen. Das ist ein Stück Traditionspflege, zu der uns das Leitbild jetzt auch explizit verpflichtet: Wir halten vergangene Leistungen und ihre Protagonisten in Ehren. Was ich sagen will – das große Potenzial des Leitbildes liegt darin, dass wir alle gemeinsam schauen, wie und wo wir unsere Leitsätze immer wieder aufs Neue zusammen in die Tat umsetzen können.
RITTER: Deshalb haben wir auch eine E-Mailadresse freigeschaltet, über die jeder Schwarz-Gelbe uns seine Gedanken und Ideen zum Thema Leitbild zukommen lassen kann. Es gibt in unserem Verein so viele Dinge gemeinsam zu gestalten, und ich glaube und hoffe, dass uns das Leitbild dabei helfen wird.
MINGE: Ganz virulent ist im Moment ja auch der erste Leitsatz, in dem der Gemeinschaftssinn zum Ausdruck kommt. Es nützt nichts, wenn wir uns nur darauf berufen. Wir müssen den beschworenen Zusammenhalt durch unser Handeln immer wieder neu entstehen lassen. Ich erinnere nur an die Ansprache von Marco Hartmann auf der Mitgliederversammlung. Die Mannschaft steht jetzt in der Pflicht, durch bedingungslosen Teamgeist und ein hohes Maß an Aufopferung eine Botschaft auszusenden und auf die Tribüne überspringen zu lassen. Dann wird sie auch den vollen Rückhalt von den Fans bekommen. Wenn das gelingt, kommen wir am Ende der Saison gut ins Ziel.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Jan Franke
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